greetings from Bahnhof
SPRACHLABOR Ein Bahnhof, mein Lieber, ist, akustisch gesehen, ein kleines Babylon. Du weisst schon, Sprachgewirr. Und das nicht unbedingt, weil an diesen Orten eine besonders grosse Multikulti-Dichte herrscht. Irgendwie habe ich das Gefühl, die Menschen reden hier anders, vielleicht, weil sie sich unbeobachteter, unbelauschter fühlen. Also ich warte gerade auf meinen doppelten espresso macchiato, kleiner Tipp, wenn man einen etwas stärkeren Cappuccino braucht, da hör ich andere Gäste und das Tresenpersonal ständig äusserst Befremdliches, geradezu Anzügliches wie „grosse Latte“ und „kleine Latte“ rufen. Und zwar immer mit dem irritierenden Artikel „die“ bzw. „eine“. Ich will jetzt nicht päpstlicher sein als der Papst, der ja gar nicht mehr so päpstlich wirkt, der nette neue. Aber Ästhetik und ein angenehmer Lifestyle fängt ja schon beim Sprechen an. Der Ton macht die Musik. Und schliesslich heisst es ja: Am Anfang war das Wort. Aber irgendwie ist es entglitten. Menschen reden, wie sie wollen. Das…