Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Bahnhof

Es geht voran!

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    GREETINGS VON DER BAUSTELLE Um wenigstens annähernd mit der Hauptstadt mithalten zu können, haben sich die Hanseaten bekanntlich auch ein typisch berlinerisches Schildbürgerstreichchen einfallen lassen. Wir wollen jetzt nicht weiter drauf rumreiten auf dem Prachtbau am Hafen, der Heerscharen von Touristen anziehen soll, bisher aber eher Investoren begeistert, die drum herum die Apartments teurer verkaufen können. Auch dass es sich dabei um ein Konzerthaus ohne Orchester handelt, ist natürlich nur üble Nachrede. Nach Jahren des Stillstandes durch Dreiecksstreitigkeiten zwischen Architekten (Stars), Stadt (Auftraggeber und Steuereintreiber) und Bauunternehmen (dasjenige, das auch in alle anderen aktuellen Baukatastrophen – Flughafen, Bahnhof, U-Bahn mit einstürzendem Stadtarchiv, Autobahnen – involviert ist) wird seit einiger Zeit mehr oder minder glaubhaft versichert, dass die Elbphilharmonie tatsächlich fertiggestellt werden und bespielt werden soll. So 2018 oder so. Vielleicht. Ungefähr. Aber es gibt natürlich trotzdem immer Zweifler. Um denen den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben die…

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greetings from Stuttgart

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HÄUSLEBAUER Es gibt in Südwesten Deutschlands eine Ansammlung von unfassbar misslungenen, zeitlos-geschmacklosen Profanbauten, die man gemeinhin zusammenfasst unter dem Sammelbegriff „Stuttgart“. Das firmiert gleichzeitig auch als baden-württembergische Landeshauptstadt und macht sich im Reigen der verpatzten deutschen Großbauprojekte mit Protesten um den neuen Bahnhof wichtig – unter dem Schlachtruf „Stuttgart 21“, bei dem darum gestritten wird, ob lieber ein altmodischer unpraktischer, abweisender Bahnhof erhalten bleibt oder lieber eine vielleicht nicht besonders rentable (für den Steuerzahler) dafür sehr lukrative (für Investoren) Neuplanung mit Durchfahrtsmöglichkeit geschaffen wird. Ich will mich da mal raushalten. Aber zu begrüßen wäre es gewesen, wenn die Abrissbagger in einem deutlich großzügigeren Radius um den Bahnhof herum ihre Arbeit erledigt hätten. Diese furchtbar trostlosen Zweckbauten stören den gemeinen Schwaben aber nicht. Zornig werden sie aber, wenn so ein Fremder, ein Koreaner aus dem Rheinland, der Architekt Eun Young Yi, eine neue Stadtbibliothek auf dem Areal A1 von Stuttgart 21 baut,…

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Gut nachgedacht

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Antwerpen

GREETINGS FROM ANTWERPEN Wenn ich Architekten-Lieblingsvokabeln höre wie „Stadtraum neu interpretiert“ „Massstabssprung“ oder „Überschreibung“ bin ich immer skeptisch, meist heisst das: wieder ein Ort, den man vergessen kann, versaut durch Egoismus und Größenwahn. Bei einem Zwischenstopp in Antwerpen stieß ich jetzt aber zufällig auf einen Marktplatz, wo ich dachte: Wow, hier stimmen die großen Worte mal, weil hier Gigantomie vermieden wurde. Anlass war, daß ein leider nicht allzu attraktives Theater zusätzliche Notausgänge bauen musste – und wie man das gelöst hat, das finde ich recht clever. Einerseits die Treppen theatralisch und kühn freitragend herausgeführt, darüber dann aber ein ganz leichtes Kunststoffdach auf schlanken Stelen, das zugleich dem Marktplatz ein Stück Hallenfeeling gibt: Öffentlicher Raum besser gemacht und nicht schlechter. Angefangen mit der Idee Wir-Überdachen-Plätze hat, glaube ich, Thomas Herzog zur Expo2000 in Hannover gefolgt dann von Jürgen Maier H. in Sevilla. So was kann auch schiefgehen. Spektakulär beim Kasseler Wilhelmshöhe-Bahnhofsplatz, wo das…

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greetings from Hildesheim

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WER BAUT DENN DA? Das kleine Städtchen Hildesheim südlich von Hannover schafft es seit Jahrzehnten nur durch exzessive Eingemeindungen bis an den Harzrand, nicht unter die Marke von 100.000 Einwohnern zu rutschen, wozu ich auch mal ein paar Jahre lang aktiv beigetragen habe. Deshalb darf es sich stolz Großstadt nennen und tut das auch, obwohl es dieses mühsam erworbene Etikett eigentlich gar nicht nötig hat. Denn es ist im Besitz eines sehr sehenswerten Doms mit angeblichem 1000jährigem Rosenstock und der noch bezaubernderen St. Michaelis-Kirche, einem der wohl proportioniertesten romanischen Bauten. Beides gemeinsam steht auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes. Zu Recht. Und beides wird gepflegt von der Stadt. Auf dass viele Besucher das kleine Großstädtchen beehren und seinen Ruhm in die Welt hinaus tragen. Prima. Allerdings kann man nur hoffen, dass die mit einer Art Tunnelblick die Stadt auf dem Weg zu den Sehenswürdigkeiten durchqueren, denn bis dahin hagelt es ziemliche Unsehenswürdigkeiten.…

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greetings from Bahnhof

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Mein HipstaPrint 995444193

SPRACHLABOR Ein Bahnhof, mein Lieber, ist, akustisch gesehen, ein kleines Babylon. Du weisst schon, Sprachgewirr. Und das nicht unbedingt, weil an diesen Orten eine besonders grosse Multikulti-Dichte herrscht. Irgendwie habe ich das Gefühl, die Menschen reden hier anders, vielleicht, weil sie sich unbeobachteter, unbelauschter fühlen. Also ich warte gerade auf meinen doppelten espresso macchiato, kleiner Tipp, wenn man einen etwas stärkeren Cappuccino braucht, da hör ich andere Gäste und das Tresenpersonal ständig äusserst Befremdliches, geradezu Anzügliches wie „grosse Latte“ und „kleine Latte“ rufen. Und zwar immer mit dem irritierenden Artikel „die“ bzw. „eine“. Ich will jetzt nicht päpstlicher sein als der Papst, der ja gar nicht mehr so päpstlich wirkt, der nette neue. Aber Ästhetik und ein angenehmer Lifestyle fängt ja schon beim Sprechen an. Der Ton macht die Musik. Und schliesslich heisst es ja: Am Anfang war das Wort. Aber irgendwie ist es entglitten. Menschen reden, wie sie wollen. Das…

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