Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Arroganz

Sechs Anfänge und ein Schluss

von
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GREETINGS VON FALSCHEN ANFÄNGEN Nein, Greetings From hat nicht den Egon Erwin Kisch-, Stern-, Henri Nannen-, Nannen-Preis bekommen, eher dieser für sein neues Logo –  eine Mischung aus Nespresso- und Uniqlo-Signet – unsere tadelnde Erwähnung des sinnfreiesten grafischen Neuauftritts 2016 (Jurybegründung: N N N N). Mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern – das war Henri Nannens Rat für einen guten Story-Anfang, den er sich aber, wie alle leidenschaftlichen Journalisten, von ganz woanders, nämlich aus einem zynischen Hollywood-Spruch, ausgeliehen hatte. Anfänge also, ein Lebensthema von mir, weil ich mindestens zehn meiner Redakteurs- und Reporterjahre mit meiner Dummheit vergeudet, nämlich meine Texte gegen den Rat erfahrener Kollegen so zu schreiben versucht habe, wie man sie lesen sollte. Also mit dem ersten Satz zu beginnen. Was lange zur Folge hatte, dass ich am späten Abend vor dem Abgabetermin gerne zwanzig bis dreissig verschiedene Anfangsvarianten, aber noch keine weitere Zeile geschrieben hatte. Viel zu langes Intro…

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Reich mit Würde und Könnte

von
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GREETINGS VOM DEUTSCHLEHRER „greetings from“ fände er „widerlich“ – weil ohne Not englisch. Wie ungerecht. Es war doch gerade sein Fremdsprachentalent, das Wolf Schneider gleich in den ersten Nachkriegstagen eine Lebensperspektive bot – als Dolmetscher bei BMW. Die erste Text-Station eins Sprachverliebten. Oder sollte ich eher schreiben: eines Sprachversessenen und Pedanten? Ein „Arschloch“ hat Henri Nannen ihn gennant und Schneider zitiert das stolz in seinen Lebenserinnerungen. Ich hab‘ sie gerne gelesen, wenn auch mit sehr gemischten Gefühlen – man muss sich sehr an seinen selbstgerechten und oft arroganten Grundton gewöhnen. Faszinierend fand ich dann aber doch einiges. Wie durchlässig und zufällig doch die Medien-Anfangsjahre der Bundesrepublik waren (Wolfram Siebeck hatte einen vergleichbaren Karrierestart, er begann als Zeichner für die WAZ und entdeckte dann seine Leidenschaft und seine Marktlücke „Besser Essen“). Wie leicht auch ein ehrgeiziges Supertalent in Karrieresackgassen geraten kann (wie Schneider bei Springer) und sich dann auch ein teuer eingekaufter Chefredakteur zwischen allen Stühlen wiederfindet. Und wie man sich dann möglichst nicht zulange leid…

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