Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Bühne

Der Konstruktionsfehler von Schauspielern

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GREETINGS VOM WIDERSPRUCH Ein Zufall brachte mich vor ein paar Jahren in einen privaten Kreis rund um einen erfolgreichen Schauspieler. Das war sehr interessant, aber in einem völlig anderen Sinne als erwartet. Denn nach einigen netten Anekdoten aus dem Theater-Fernseh-Film-Metier kam es zu einem merkwürdigen Phänomen: bei anderen Gesprächsthemen, egal ob allgemein-aktuelle oder private, sprach der gute Mann zwar noch mit seiner tollen Mimik und der sonoren Stimme, aber aus seiner berufsgewohnten bigger-than-life-Ausstrahlung entwich von Minute zu Minute die Luft. Es fehlte halbwegs intelligenter Text. Der Schauspieler wirkte plötzlich wie ein teures Instrument mit nicht passenden Tönen, ohne Script konnte der Schauspieler keinen Schauspieler darstellen. Warum ich das erzähle? Weil gerade in Berlin ein Bühnenstück läuft („Quartett“ im Renaissance-Theater), das unter einem noch vertrackteren Phänomen leidet. Das Stück handelt vom leicht melancholischen Alltag früherer Opernsänger, die zusammen in einem Künstler-Altersheim residieren – und den Reiz der Berliner Inszenierung soll ausmachen, dass diese von echten ebenfalls in-die-Jahre-gekommenen Opernstars gespielt werden (der bekannteste ist Rene Kollo). Die…

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Sechs Anfänge und ein Schluss

von
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GREETINGS VON FALSCHEN ANFÄNGEN Nein, Greetings From hat nicht den Egon Erwin Kisch-, Stern-, Henri Nannen-, Nannen-Preis bekommen, eher dieser für sein neues Logo –  eine Mischung aus Nespresso- und Uniqlo-Signet – unsere tadelnde Erwähnung des sinnfreiesten grafischen Neuauftritts 2016 (Jurybegründung: N N N N). Mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern – das war Henri Nannens Rat für einen guten Story-Anfang, den er sich aber, wie alle leidenschaftlichen Journalisten, von ganz woanders, nämlich aus einem zynischen Hollywood-Spruch, ausgeliehen hatte. Anfänge also, ein Lebensthema von mir, weil ich mindestens zehn meiner Redakteurs- und Reporterjahre mit meiner Dummheit vergeudet, nämlich meine Texte gegen den Rat erfahrener Kollegen so zu schreiben versucht habe, wie man sie lesen sollte. Also mit dem ersten Satz zu beginnen. Was lange zur Folge hatte, dass ich am späten Abend vor dem Abgabetermin gerne zwanzig bis dreissig verschiedene Anfangsvarianten, aber noch keine weitere Zeile geschrieben hatte. Viel zu langes Intro…

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