GREETINGS AUS DEM PUB
Liebe reisefreudige greetingsfrom-Leser,
heute geht es um eine Frage, deren Schwierigkeitsgrad mit Begriffen wie „Dilemma“ und „Gordischer Knoten“ äußerst untertrieben klassifiziert ist. Nehmen wir mal an, Sie seien unterwegs, zum Beispiel in London. Nehmen wir mal an, es ist warm (kommt dort wirklich vor) und sie verspüren eine gewisse Lust auf ein Kaltgetränk. Ein schönes Bier vom Fass zum Beispiel. Ein draught. Gibt’s im Pub. Und einen Pub gibt’s an jeder Ecke. So weit alles in Ordnung. Aber ich habe mir ein paar kleine Klippen für diese Prüfung ausgedacht. Erstens: Sie sind allein unterwegs. Zweitens: Sie würden gern draußen sitzen. Ok, sie haben Glück, es ist noch nicht oder nicht mehr Rushhour im Pub, das heißt, es muss so ziemlich genau halb vier am Nachmittag sein, wenn die letzten sich von ihren Mittagserfrischungen sich wieder in Büro getrollt und die ersten noch nicht den geselligen Frühfeierabend begonnen haben. Draußen ist ein Platz frei.
Wo ist das Problem, werden sie fragen. Das werden Sie gleich merken. Es geht eigentlich nicht beides: Drink und Platz. Entweder Sie besetzen den Platz, dann bleiben Sie auf dem Trockenen. Im Pub gibt’s nämlich nur was, wenn man sich zum Tresen bequemt, dort bestellt, bezahlt und sein Pint mitnimmt. Ach ja, höre ich Sie jetzt verzweifelt seufzen. Genau. Bis Sie zurückkommen, ist der schöne Platz natürlich belegt. Von einem Pärchen, von denen einer schon feixend hinter Ihnen am Tresen steht und in Ruhe bestellt. Oder von den ersten Frühfeierabendern. Also trinken Sie im Stehen und gehen. Ihre Habseligkeiten, Ihr Handy oder Ihre Brieftasche konnten Sie ja schlecht zum Platz besetzen demonstrativ auf dem Tisch liegen lassen. Und ein Handtuch hatten Sie bestimmt auch nicht dabei.
Mir ist das Kunststück neulich in London trotzdem gelungen. Rein, Bier bestellen, Kreditkarte deponieren falls noch ein zweites Getränk die Kehle herunter rinnen soll, schnell raus – der Tisch war noch frei. Ich kam vom nahegelegenen Park, wo ich mich in Badeshorts gesonnt hatte und jetzt, mit meiner Jeans unter dem Arm auf dem Weg zurück ins Hotel war. Ein kleiner Zwischenstopp am Broadway Market, schicke Gegend in East London, extreme Dichte der orthodoxen Langbärte, dieser Hipster, die glutenfreie Burger bestellen (gibt’s da wirklich). Nach dem zweiten Drink gehe ich rein und zahle. Als ich rauskomme, ist der Platz immer noch leer. Zu leer. Meine Jeans liegt nicht mehr dort. Weg. Am Broadway Market gibt es nicht nur glutenfreie Hipster. Ein paar arme Junkies haben sich auch unters Volk gemischt.
Freedom’s just another word for nothing left to loose.
In diesem Sinne
Jan