GREETINGS AUS SCHAFFHAUSEN Warum war es am Rhein so schön? Tragisch-typischer Fall, wo man nicht nur die Antwort, sondern schon die Frage nicht mehr versteht. Auch wenn man sich noch soviele impressionistisch-liebliche Turner-Bilder von Mainz, Koblenz oder Bingen anschaut (habe ich gemacht), vielleicht getunt noch durch die eine oder andere Flasche Rhein-Wein (auch gemacht): Nachvollziehen lässt sich heute nicht mehr, warum die englischen Reichen der früheren Jahrhunderte nach Grand-Tour-Stops in Frankreich, Italien und der Schweiz sich auf den Romantik-Höhepunkt ihrer Reise freuten – per Schiff den deutschen Rhein hinab zu fahren. Mir fällt keine touristische Region ein, in der überlebte Klischees und heutige Realität so wenig miteinander zu tun haben. Rhein-Romantik gibt’s nicht mehr. Was Bombardierungen an den Ufern übrigliessen, vollendeten Flussbegradigungen, Wirtschaftswunder und 60er-Jahre-Kleinstadt-Modernisierungen. In einigen Uferorten kann man heute zum Preis eines Münchner oder Berliner Luxus-Qaudratemeters ein ganzes Haus kaufen.
Wo bleibt das Positive? Hier: Kurz hinter dem Bodensee stürzt der hier noch recht junge Rhein in die Tiefe. Zum ersten Mal habe ich das gesehen im Heinz Erhard-Film „Drei Mann in einem Boot“. Das ist nun zugegebenermassen nicht die renommierteste Referenzquelle für touristische Hotspots, aber seitdem wollte ich jahrzehntelang dorthin. Und war bei jeder Job-Reise in die Schweiz enttäuscht, wenn ich Corbusiers oder Hadids bestaunen durfte, aber nicht den Rheinfall bei Schaffhausen. Jetzt aber hat es mal geklappt und ich kann nur sagen: ein Geheimtipp (mein letzter Chefredakteur würde sagen: Ein Hammer!). Obwohl grösster Wasserfall Europas ist er kleiner als gedacht, nur 23 Meter hoch – und doch imposanter als ich erwartet habe. In der kritischen Greetings-From-Empfehlungskala benote ich ihn als das, was er für mich war: ein Umweg von zwei Stunden wert! Da fallen mir außer jede Form von Meerufer an Natur-Anguck-Zielen in Europa nicht so viele ein…
Nasse Grüsse sendet ROLF