GREETINGS VON DER MEENKWIESE Besagte Wiese ist ein parkähnliches Gelände im Hamburger Stadtteil Eppendorf, in dem ich des Sommers (ja, den gibt’s dort auch) an manchen Tagen beliebe, meine Hängematte zwischen zwei Bäumen aufzuspannen und auszuspannen (chillen, für die jüngeren unter unseren Lesern). Dabei mache ich dann flüchtige Bekanntschaft mit zahlreichen Passanten, die zu 99,99 Prozent den originellen Kommentar abgeben: „Das ist aber auch eine gute Idee.“ Wieso „aber“ und welche Idee noch gut ist, frage ich nie nach. Etwas nähere Bekanntschaft habe ich mit einer Dame gemacht, die oft zum Blumengiessen dort hinkommt. Im gelegentlichen Smalltalk mit ihr erführ ich, dass die Stadt die Pflege und Bepflanzung der wegangrenzenden Beete an engagierte Privatpersonen wie diese professionelle Gärtnerin freigegeben hat, zwecks Ersparnis öffentlicher Ausgaben natürlich. Es blüht sehr hübsch in ihren Beeten. Leider ist sie nur für einen Teil verantwortlich. Weiter hinten im Park, dort, wo ich mich im Sommer nie aufhalte, sind andere engagierte Bürger zu Werke. Jetzt ist mir bei einem vorfrühlingshaften Sonntagsspaziergang das ganze Ausmass dieses Engagements bewusst geworden. Hier sind befremdliche Seelen am Werk, die aus dem an sich angenehmen Park ein Horror-Kabinett machen. Dort gibt es Schnuller-Bäume, an denen ausser den ausgedienten Beruhigunslutschern auch Milchflaschen hängen, es gibt den „Baum der Zuversicht“, in dem halbierte furchtbare Bilder hängen und neben dem ein Bild im Boden versinkt (dem ich es beim Anblick vor Fremdscham sofort gleich tun wollte), es gibt Beetbegrenzungen aus Tortenausstechern und Speichenrädern, aus alten Konservendosen und allerlei Absurditäten, die fehlgeleiteten Seelen mit vermeintlich künstlerischer Ader noch so einfallen können. Es gibt auch eigentlich recht normal aussehende Eltern, die Ihren Nachwuchs damit begeistern wollen, dass es „jetzt zum Schnullerbaum“ geht. Der Anblick und die Vorstellung, dass arme Kinder ästhetisch so mutwillig fehlgeleitet werden, ist entwürdigend. Es ist dringend an der Zeit, dass die Stadt hier regulierend eingreift, und aus ihrem unerschöpflichen Reservoir an Bestimmungen und Verordnungen eine entsprechende erlässt, die Schnullerbäume und solche der Zuversicht ein für alle mal verbietet. Meinetwegen zugunsten spiessiger Stiefmütterchen-Beete. Oder meiner offiziellen städtischen Lieblingsbepflanzung, dem „Strassenbegleitgrün“. Sofort bitte. Bevor ich mich das nächste Mal dort in meiner Hängematte niederlassen will.
In diesem Sinne ganz dicht am Baum der Zuversicht
JAN
Jetzt weiß ich endlich, warum sich meine Amtskollegen mit dem angesagten „urban gardening“ in der Mitte der Hauptstadt so schwer tun! Wahrscheinlich ging der letzte Betriebsausflug nach Hamburg. Unsere Grünflächen geben wir für so etwas nicht her, noch nicht einmal auf Verkehrsflächen mit besonderer Zweckbestimmung ( Strassenbegleitgrün)!
[…] Parkgestaltung von geschmacksverirrten Eppendorfern mit einem der Tiefpunkte, dem „Schnullerbaum„, und vor allem die unfassbare Begeisterung darüber quer durch alle Bevölkerungsgruppen: […]
Ich muss sagen mir gefällt die Randbepflanzung sehr, auch wenn sie selbstredend nicht in jedem Aspekt mein eigenes Stilverständnis trifft. Aber so etwas passiert nunmal in einer Demokratie. Ich persönlich ärgere mich z.B. über Personen, die ihre Hängematten in öffentlichen Parks aufhängen und diese dadurch zeitweise wie ihren Privatgrund behandeln.
Vielleicht würde es helfen wenn Sie sich selbst an der Gestaltung des Platzes beteiligen, dann wäre zumindest garantiert, dass auch ihr Stilverständnis anklang findet. Aber Ihre Kritik an diesem langjährigen Engagement vieler Bürger, die aus Hundescheiss-Flächen etwas liebevolles und gepflegtes gemacht haben, finde ich mit verlaub gesagt ziemlich faul.