GREETINGS AUS DEM SCHLAMM Wer in Sommermonaten als Journalist das Glück hat, nach Skandinavien eingeladen zu sein, muss eine Konstitution wie ein Pferd haben. Schlaf ist nämlich nicht; aus ganz profanen Gründen. Unter euphorischen Lobeshymnen auf die unwiederbringlichen Mittsommernächte lassen die Gastgeber vor 4 Uhr morgens niemanden weg vom Get-Together. Sehr charmant, mehr aber noch: sehr pragmatisch. Denn in Wirklichkeit werden die journalistischen Gäste als Trink-Geiseln gehalten; solange noch ein zu bewirtender offizieller Gast dabei ist, ist die Bar offen und der Chef zeichnet die Rechnung ab. Er trinkt ja selber mit und sein Chef auch… Vielleicht ist dies, firmenkulturell, sogar eine Art Markenzeichen des Nordens. Während sich deutsche CEOs spätestens gegen 10 diskret von ihrer Firmenparty wegschleichen, werden einem in Skandinavien immer noch hinzugekommene neue Larsse, Knuts oder Olafs vorgestellt, bis man sie nicht mehr auseinanderhalten kann. Soweit meine essentiellen Eindrücke von Finnland, Norwegen oder Schweden, die vermutlich ebenso auf Missverständnissen beruhen wie die Meinungen, die Skandinavier von Deutschen haben.
Das Riesenplakat, das seit einigen Wochen bei mir um die Ecke die kommende Eröffnung einer HÄSTENS-Betten-Filiale ankündigt, kann jedenfalls ja nur ein Missverständnis sein. Oder warum glauben die schwedischen Nobel-Bettenbauer, ihre fernen deutschen Luxuskunden träumen davon, ihre Nächte in nassem schwarzen Ölschlamm zu verbringen? Vielleicht ist aber auch diese verunglückte Werbecollage viel pragmatischer zu erklären: Die Kampagne wurden am Morgen nach der Mittsommernacht entschieden. Da träumen auch Skandinavier vom Bett. Egal wo’s steht.
Karierte, doppeltgefederte Mitsommer-Grüsse sendet ROLF