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greetings from Bierdeckel

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NA DANN MAL PROST

Vielleicht ist es Euch noch gar nicht aufgefallen – weil ja nicht so leicht auffällt, was nicht (mehr) da ist. Die Wirtshaustische werden immer leerer. Kahl direkt. Höchstens noch so’n Ein-Trockenblümchen-Väschen. Erst kamen die Aschbecher weg und jetzt ist auch der gute alte Bierdeckel bedroht, auf die Liste der aussterbenden nützlichen Dinge zu geraten! Die letzte Mini-Stichprobe neulich Abend ergab: Nur ein Lokal mit, zwei Kneipen ohne! Da prangen rings um die kühlen Gläser jetzt schillernde Schwitzwasserringe. Wenn ein neuer Gast Platz nimmt, wischt die Bedienung einmal mit ihrem nassen Lappen über den Tisch, so dass man sich nur mit spitzen Ellenbogen aufzustützen traut und nicht weiß, wohin mit den Händen… Und es kommt noch schlimmer: Der Tisch wackelt! (empirisch: mindestens jeder zweite!) Die Gläser kippeln. Mit Bierdeckel, ein-, zweimal geknickt, hat man solche Problemchen ja stets buchstäblich im Handumdrehen gelöst.

Spielen konnte man damit! Stapel von der Tischkante hochwerfen und mit einer Hand fangen, Häuschen bauen und so. Aber gespielt wird jetzt mit dem Handy. Und dass der Bierdeckel zum Dokument avanciert, indem der Wirt auf dem Rand für jedes gelieferte Bier einen Strich macht, sieht man im digitalen Zeitalter nur noch in alten Filmen. Auch der Herr Merz, so eine schmächtige CDU-Größe, der die Steuererklärung so weit revolutionieren wollte, dass sie auf einen Bierdeckel passen sollte, hat ihn nicht retten können den Bierdeckel. Weil die Revolution nämlich ausblieb.

Praktisch unersetzlich aber bleibt er in der Funktion, von der der B. seinen Namen hat: Deckel! In Prager Bierhäusern etwa, erinnere ich mich, wo sie Süffiges aber zugleich recht Prozentiges in großen Gläsern servieren, stellt die flinke Hand des Obers einem, sobald der Pegelstand das untere Viertel erreicht ungefragt ein neues volles hin – es sei denn, man legt den Bierdeckel auf sein Glas – heißt soviel wie: basta!. Und wehrt auch Störenfriede ab. Mir graut schon vor dem Sommer im Biergarten – wie soll man, ohne Bierdeckel, sein Bier gegen süchtige Wespen verteidigen?

Also – was ist passiert? Haben die Brauereien kein Geld mehr? Ist er politisch nicht mehr korrekt? (Unhygienisch? Neuen nehmen!) Hat die Werbewirtschaft, die in ihrem Eifer doch sogar die Wände der Kneipen-Klos mit  ihren Botschaften bepflastert, dem Bierdeckel ihre Gunst entzogen?

Hoffnung gibt es noch. In Kneipe 2 haben wir ja noch Bierdeckel auf dem Tisch gehabt. Mit Quiz drauf. Die werben für ein Ratespiel des Ersten Deutschen Fernsehens. Ob das ein gutes Zeichen ist? Wird denen nicht nachgesagt, dass sie gern an eher überholten Kommunikationsformen festhalten?

Also wehrt Euch! Tut was für den Bierdeckel!

fordert Heiner

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