GREETINGS VON CORBUSIER Inzwischen ist’s 50 Jahre her, daß an einem Augustmorgen ein alter Mann an den Steinstrand der Cote d’Azur gespült wird, kollabiert beim Schwimmen im Mittelmeer, seinem sommerlichen Fitnessritual unterhalb seiner selbstgezimmerten Urlaubshütte. „Tod durch Herzinfarkt“ wird der Notarzt in den Totenschein schreiben, doch es gibt nicht wenige, die in der bildstarken Dramatik eine letzte Selbstinszenierung des 78jährigen Le Corbusier sehen, der seinen Tod, wenn nicht gesucht, so doch erwartet und mitgestaltet hat. Wenige Monate vorher hatte er mit Cesare Cassina einen Vertrag gemacht, der beide Männer zu Paten des modernen Design-Business‘ werden liess. Le Corbusier, schon zu Lebzeiten eine Architektenlegende, erlaubte der italienischen Familienfirma, seine Möbelentwürfe, bis dahin fast nur in bau-begleitenden Kleinauflagen gefertigt, exklusiv in Serie zu produzieren. Was dem Bauhaus nicht gelungen war, schaffte Cassina mit der „iMaestri“-Collection: die Etablierung einer moralisch, kulturell, technisch und rechtlich abgesicherten nicht mehr Handwerk- oder Ingenieurmässigen, sondern künstlerischen Autorenschaft für Sessel und Sofas. Nach dem Modell Cassina&Le Corbusier wollte fast jede Möbelfirma eigene Klassiker suchen oder aufbauen.
Zuviel Vergangenheit? Ja, leider, denn das ist das Neue. Cassina (inzwischen verkauft an den amerikanischen Buromöbler Haworth, vor einem Jahr schrieben wir hier noch gedämpft optimistisch darüber) zerstört jetzt selbst die Idee seines legendären „i Maestri“-Konzepts. Und man kann nur rätseln, ob aus Dummheit oder aus Mailand-Michigan-bedingten Mißverständnissen. Wer je versucht hat, einen italienischen Firmentext in eine andere Sprache zu übersetzen, der weiß, daß man darüber verzweifeln kann, weil man vor lauter tollen Worten nicht weiss, was der Text sagen will. So ist es vielleicht auch hier gewesen. Einerseits zelebriert Cassina den runden 50. iMaestri-Geburts- und Todestag Le Corbusiers. Andererseits kündigt die Firma eine launige Kollektion des Spaniers Jaime Hayon an, die von Le Corbusier inspiriert sein soll. Da muss nun auch zwischen Italien und Spanien irgendetwas furchtbar schief gelaufen sein. Zwar hatte auch Le Corbusier seine organischen Phasen, vor allem in der Malerei, aber seine Möbel waren und sind genau das Gegenteil der amorphen Gemütlichkeit a la Hayon. Das ist absurd; und schlimmer: es ist ein Fehler. So fördert man nicht, so zerstört man Handschriften. Wenn alles so beliebig mit allem zusammenhängt, dann darf auch Hundertwasser als Bauhäusler gesehen werden. Und ich schreibe wie Hemingway.
CIAO Cassina sagt ROLF