VOLL TANKEN
Ich fahre durch Marseille. Das Navigationsgerät warnt wiederholt vor Verkehrsstörungen. Damit ist eindeutig gemeint, dass sich unglücklicherweise mehrere französische Fahrer mit ihren Wagen auf der Autobahn befinden. Deren Lieblings-Stunt ist: Im dichten Berufsverkehr möglichst im aller allerletzten Moment von der äußerst linken auf die äußerst rechte, die Ausfahrtspur zu wechseln, die in den nächsten Tunnel führt. Was selbstverständlich nur millimeterweise möglich ist und dementsprechend längere Standzeiten auf den mittleren Spuren zur Folge hat. So ist der Südfranzose eben.
Aber ich schaffe es irgendwie bis zum Flughafen. Jetzt nur noch schnell den Mietwagen zurück geben, ach ja, erst noch volltanken. Immerhin ein Lichtblick: Es gibt am Flughafen unmittelbar bei der Rückgabestelle für Mietwagen eine Tankstelle. Allerdings wurde sie nicht vor dem Car Return gebaut, sondern direkt dahinter. So komme ich noch mal in den Genuss einer Ehrenrunde. Die Planer hatten ganz offensichtlich einen Schalk im Nacken. Das beweist auch die Tankstelle selbst. Die erste freie Zapfsäule ist schon mal gar nichts für Touristen. Auf mein fragendes Achselzucken reagiert die Kassiererin durch den quäkigen Lautsprecher mit etwas, das sich bei genauer Nachfrage im Kassenhäuschen als die erstaunliche Auskunft herausstellt, diese Zapfsäule sei nur mit französischen Kreditkarten benutzbar. Wer hat sich das denn ausgedacht? Fahren Franzosen traditionell mit dem letzten Tropfen Sprit zum Flughafen und tanken dann direkt nach dem Rückflug vor der Heimfahrt? Wer weiß, sie tragen ja auch ihr Brot unterm Arm. Aber es gäbe, sagt die Dame aus dem Lautsprecher, hier auch Benzinauffüllstellen, denen sich mit Bargeld und auch mit Kreditkarten, die aus französischer Sicht eher kulturlose Nationen ihren Bürgern zur Verfügung stellen, ein wenig Kraftstoff entlocken lässt. Welche Zapfsäulen das sind, geht in dem Wortgefecht unter. Aber sie sind leicht zu erkennen: Diejenigen, an denen sich die Autos der nichtfranzösischen Mietwagen-Rückgeber unterdessen in langer Schlange eingereiht haben. Grande Idee der Grande Nation!
Bon soir!
Jan