GREETINGS FROM STUCK Was für eine Erfolgsgeschichte! Man wird sie bald überall lesen können, wenn auch wohl nicht komplett. Würde man nämlich das bevorstehende 100 jährige Bauhaus-Jubiläum (1919-2019) medial ähnlich gross als Serie aufbereiten wie wir es von SpiegelSternZeit zu 100 Jahre Kriegsanfang, 100 Jahre Kriegsende, 100 Jahre Machtergreifung, 100 Jahre RAF etc. gewohnt sind, könnte man also die Erfindung der Moderne nochmal ausführlich nacherleben, den langen Weg vom überladenen Kitsch-Plüsch-Historismus zur strahlend weissen Bauhaus-Stringenz, die heute unser Leitbild ist – man stieße auch auf eine verdrängte, dunkele, traurige Seite: die sogenannte Entstuckung.
Dafür wurden, beginnend in den 20er- aber bis weit in die 60er Jahre, von Gründerzeitfassaden schmückende Säulen, Friese und Türmchen abgeschlagen, um die Häuser moderner wirken zu lassen – zu den Propagandisten gehörten Helden der Moderne wie Erich Mendelsohn oder Peter Behrens. In Berlin Kreuzberg oder Charlottenburg gibt es Altbaustrassen, in denen jedes zweite Haus entstuckt wurde. Ich habe das lange nicht gewusst und hielt manche Schlicht-Putzfassade für schnelle Nachkriegswiederaufbausünden halbzerbombter Häuser. Aber beim genaueren Hinsehen erkennt man, dass das nicht stimmen kann, Balkone oder Fensterzuschnitte verraten das wahre Alter der misshandelten Fassaden. Eine schmerzliche Erkenntnis: Auf dem Weg zu unserem schönen lichten modernen Leben war die Kulturrevolution „Ornament=Verbrechen“ ein ziemlich hoher Preis … Interessanterweise gab es das so massiv nur in Deutschland.
Schmucklose Grüsse sendet ROLF