AUFRUHR IN DER LAGUNE
Ok mein Lieber, ich gebe zu, es ist absichtlich verwirrend. Zwar ist das Foto wirklich in Venedig gemacht worden, sogar von mir (nicht so schlecht, oder?), aber es zeigt nicht wirklich, wie sich ein Vaporetto, einer dieser immer übervollen Wasserbusse, an einem besonders stürmischen Tag durch die Lagune kämpft. Es ist nur ein abfotografiertes Detail eines wirklich beeindruckenden Ölgemälde eines, ich glaube belgischen Künstlers, das wiederum nur ein Teil einer ganzen Serie ist, die im Hauptpavillon der Giardini während der diesjährigen Kunst-Biennale zu sehen ist. Eines der beeindruckensten Werke, finde ich, ästhetisch wenigstens. Aber nicht nur. Es hat auch einen sehr aktuellen Bezug zur gastgebenden Stadt. Immer größer werden, wie man hört und liest die Probleme, die die riesigen Kreuzfahrtschiffe verursachen, weil sie am liebsten noch auf den Markusplatz fahren und sich unter der Rialto-Bücke durchzwängen würden. Das bedeutet, dass die Fahrrinnen vertieft werden müssen und so größere Hochwasserschäden zu erwarten sind, was den eigentlich an das „aqua alta“ gewöhnten Venezianer im relativ Trolley-freien Spätherbst den nächsten Ärger bereiten würde. Es ist aber auch in ästhetischer Hinsicht furchtbar, weil furchtbar unpassend, diese weißen Riesen vor der Promenade wenden zu sehen – und statt die Palladio-Kirche San Giorgio Maggiore zu bewundern auf Stockwerke von Bullaugen zu starren. Der vorläufige Höhepunkt dieser idiotischen Entwicklung ereignete sich 2011, als der ohnehin nicht übermäßiger Beliebtheit verdächtige Roman Abramowitsch mit seiner Riesenyacht kurz vor dem Markusplatz anlegte und eine so breite Sicherheitszone auf der Promenade abgesperrt wurde, dass sich die Menschenmassen durch ein erbärmliches Nadelöhr quetschen mussten. So etwas darf natürlich nicht ungestraft bleiben. Die Kunst ist diesbezüglich der Realität um Einiges voraus. Im Britischen Pavillon wurde schon gezeigt, wie es gehen könnte: Ein empörter Brite (einer, den es wirklich mal gab, hab jetzt vergessen wer, ich glaube der Sozialist William Morris, ist aber auch in diesem Zusammenhang nicht so wichtig) erhebt sich als Gigant gegen diese Unverfrorenheit, schnappt sich das Schiff und schmeisst es in die Lagune. Meinen Segen hat er.
Jan