GRETINGS VON GANZ OBEN Wenn ich mich auf meinem neuen Balkon weit nach rechts herauslehne und nicht herunterfalle, sehe ich fern im Westen drei größere Gebäude den Wald-Horizont überragen. Eine Kuppel mit einer großen Fahnenstange, das ist Wolfgang Joops Wunderkind-Atelier. Joop ist ja gebürtiger Potsdamer und kam nach der Wende schnell an den Ort seiner Kindheit zurück, sanierte das familiäre Riesengehöft Gut Bornstedt, bis er von dort nach einem Yellow Press-reifen Streit mit und von seiner Tochter Jette vertrieben wurde. Jetzt hat er am romantischen Heiligen See zwei Villen als Wohnarbeitsschwerpunkt – und auf einer weht eben die Riesenfahne zum Zeichen seines gelungenen Neuanfangs in egogemässer kreativer Stadtkommandantur.
Darüber die Zwillingstūrme des Belvedere, eine Schlossanlage, die sich der italienverliebte Friedrich Wilhelm IV. auf den Gipfel des Pfingstberges u.a. von Persius zur Inszenierung der schönen Aussicht bauen liess. Eben diese wurde ihr in der DDR zum Verhängnis. Weil man hier sowohl über auf die Westberliner Havelseen wie auch auf russische Geheimdienststellen sehen konnte, wurde der langgezogene Hang zum Sperrgebiet, das Belvedere verfiel, wurde aus Stadtplänen und Reiseführern gestrichen. Um so strahlender ist jetzt sein Neuanfang nach jahrelanger Sanierung; Hauptsponsor: der Hamburger Versandhauskönig Werner Otto.
Und dann, rechts daneben, noch ein Turm in solitärer Bellavista-Lage, von dem ich mich schon die ganze Zeit fragte, wozu er gehört. Auf einem Hundespaziergang habe ich ihn heute zum erstenmal von nahem gesehen. Es überragt eine der grössten der hier in Potsdam sogenannten „Turmvillen“ (eine Besonderheit der Stadt und eine sehr reizvolle architektonische Mode der 1840-1860er Jahre). Und wer wohnt heute darin? Unser alter Medienfreund Mathias Döpfner (CEO Springer-Verlag), der hier auch sowas wie einen Neuanfang versucht: als Mäzen und Bürgerfreund. Die Villa, die zum Unesco-Welterbe gehört, bewohnt er seit 2013 und jetzt er auch den grossen dazugehörigen 25.ooo qm Park incl. einer zusätzlichen Villa sanieren. Und einzäunen. Was nicht jedem in der Stadt gefällt. Aber weil weder Kommune noch Schlösserstiftung genug Geld haben, braucht man Mäzene. Hätte ich mir auch nicht träumen lassen, aber: ich find’s nicht so unsympathisch. Der Springer-Verlag hat schon schlimmeres gemacht als schöne Villen zu retten.
Grüsse aus der Berliner Vorstadt sendet ROLF