GREETINGS VON DER HAMBURGER GASTRONOMIE
Lieber Rolf, wie besonders feinfühlige unter unseren Lesern eventuell hier und da einmal zwischen den Zeilen herausgehört haben können, bin ich nicht der allergrößte Fan, dessen, was man grob unter dem Sammelbegriff „Hamburger Gastronomie“ zusammenfassen kann. Obwohl der Begriff schon an Moselpackung grenzt, könnte er doch suggerieren, diesem Gewerbe ginge es in irgendeiner Weise um Gäste. Leider eher nicht, höchstens beim Bezahlen, da dann aber gern umso mehr, wie Du ja weisst. Die verschiedenen Klippen in den diversen Einrichtungen habe ich Dir ja schon des öfteren live veranschaulichen können, etwa, welche Überforderung es bedeutet, wenn drei verschiedene Kunden (das Wort Gäste wäre hier fehl am Platz) drei verschiedene Getränke bestellen oder wenn sich mehr als fünf, sechs Menschen auf einmal entschliessen, ihren Durst in ein und derselben Einrichtung löschen zu wollen. Oder ganz fatal, wenn man bei einer Bedienung bestellt, die sich gerade auf dem Weg in den Biergarten befindet. Eine ziemlich sichere Wette, dass sie Deine Bestellung noch vor dem Rückweg vergessen hat. Einzige Chance: Wirtschaften, in denen die Bestellung in mobile „Devices“ eingetippt und per Funk an den Tresen gesendet wird. Dann muss die Bedienung ihr Köpfchen nicht zu sehr belasten und man kann trotzdem hoffen, seinen Durst in absehbarer Zeit löschen zu können. Aber es geht noch schlimmer, wie ich gestern erfahren musste. Nach einem kleinen Nickerchen in meiner geliebten Hängematte hoffte ich, im nahegelegenen Gartenlokal ein Kaffeegetränk erwerben zu können, um damit zurückzukehren und es schaukelnd mit Alsterblick genießen zu können. Das Gartenlokal heißt „Barmeier’s Garten“ und ich kann nur dringend davor warnen, mit ähnlichen Ambitionen wie meinen dort aufzukreuzen. Eine derjenigen, die für das Verteilen der Getränke dort zuständig ist, wollte mir nach Anhörung meines unerhörten Begehrens erklären, dass sie, um einen Cappuccino to go verkaufen zu können, das Seitenfenster öffnen müssten, wo immer die Mitnahmegetränke herausgegeben werden (was man üblicherweise an einer nicht enden wollenden Schlange erkennen kann). Meinetwegen, dachte ich. Allerdings fuhr sie fort – dann gäbe es auch keinen Cappuccino, sondern höchstens Cafe Creme zum Mitnehmen. Ich stutzte. Das klingt so ein bisschen wie das Bedauern, Kaffee ohne Milch gäbe es nicht. Nur Kaffee ohne Zucker. (Könnte hier bestimmt auch passieren.) Cappuccino zum Mitnehmen würden sie nicht schaffen. Aber zum dort trinken schon (wahrscheinlich mit der in Hamburg üblichen Stunde Wartezeit wegen unerwartetem Sonnenschein oder Service-Hindernissen). Ich überlegte kurz, ob ich mich argumentativ wehren sollte, wenigstens fragen, inwiefern ein Cappuccino in einem Mitnahmebecher mehr Mühe macht als in einer Tasse mit Untertasse und Löffel. Aber es erschien zwecklos. Dieser Vortrag war selbst für Hamburger Verhältnisse der Gipfel des gastronomischen Offenbarungseids. Ich habe darauf verzichtet, dass sie das Fenster für die Ausgabe der Mitnahmegetränke öffnet, und zugesehen, dass ich dieser Wüste entrinne. Falls diese Episode mit zum Battle HH vs. BER zählen soll, biete ich ein klares 0:5 an.
Fassungslose Grüße aus Absurdistan sendet Jan