Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Die Welt ist bunt

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GF_London1

GREETINGS VON EINEM ANDEREN STERN Muss jetzt die Geographie umgeschrieben werden? Glaubt man dem Titelbild des jüngsten Stern, liegt London mit seiner Türkis-Themse in der Karibik und die güldenen Uferbauten sind Fakes aus einem Disneyresort. Ob sich Printmagazine mit diesem Falschfarben-Optimismus einen Gefallen tun – der Pionier darin war in den 90er Jahren der Feinschmecker, der keine Lust mehr auf 1:1-Fleisch-& Sossen-Farben hatte -, bezweifle ich. Aber das ist nicht der Anlass unserer heutigen Stil- und Heftkritik, sondern eine Lücke, genauer eine Gedankenlücke. Auf zwölf Seiten der Stern-Titelstory wird das lässig-internationale Lebensgefühl Londons beschrieben, man hat sofort Lust, hinzufliegen. Was aber nicht mit einer Zeile gestreift wird, ist die aktuelle 2016er-Herausforderung der Themsestadt, sich plötzlich mit all seiner Geld- und Kultur-Metropolenhaftigkeit nach dem Juni-Referendum, wenns blöd läuft, außerhalb Europas wiederzufinden. Schonmal gehört, Stern? Ich schätze mal, der ganze Beitrag lag ein Jahr in der internen Redaktions-Warteschleife. Was man vom nächsten Thema, gleiche Ausgabe 50 Seiten später, nicht sagen kann:…

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Ohrenzeuge

von
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GREETINGS AUS DEM KULTURLEBEN Manchmal morgens fragt mich meine liebe Frau: Und – wie war es gestern im Theater/in der Oper/im Konzert? Ich murmele dann etwas wie Ganz Nett und erzähle ein paar Gedanken, die ich im Programmheft gelesen habe. Ehrlicherweise müsste ich nämlich antworten: Woher soll ich das wissen? Das liegt an den Berliner Theatern, die wohl auf ihre Geschichte aus den glorreichen Zwanziger Jahren so stolz sind, daß es ihnen bis heute ziemlich egal zu sein scheint, wie’s ihrem Publikum geht. Und damit meine ich nicht die Inszenierungen, sondern die baulichen Sichtverhältnisse. Viele Parketts steigen kaum an, etliche haben keine versetzten Sitze und beides gefällt sich als Traditionspflege. Was zum Beispiel bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden zu der absurden Situation führt, daß die Kuppel erhöht wurde, damit man besser hört (Stichwort: Nachhall) – die Parkettreihen aber nicht zugunsten Besser-Sehen steiler werden durften (Stichwort: Denkmalschutz). An manchen Theaterabenden denke ich: Vermutlich sehen nur die Schauspieler selbst, was…

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Der Arsch von Berlin – letzte Chance

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GREETINGS FROM KULTURFORUM Treuen Greetings From-Lesern muss man den Titel nicht mehr erklären. Fünfmal ist es schiefgegangen, der lieblosen Berliner Stadtbrache westlich des Potsdamer Platzes irgendetwas mitzugeben,  was nicht sofort einen Fluchtimpuls auslöst. Jetzt hat man noch genau einen Versuch frei – aber genau das ist auch das Problem. Was bloss hinbauen zwischen Mies’sche Solitär-Coolness und melodiöse  Dachschwünge von Scharoun, ohne deren Wirkung zu zerstören? Und doch die Ödnis, genannt „Kulturforum“, zu reparieren? Geht eigentlich gar nicht – und sieht man sich die gerade bekannt gewordenen 10 Preisträger der ersten Wettbewerbsrunde an, möchte man nur rufen: Nein, sofort aufhören! Alles was halbwegs phantasievoll war, blieb auf der Strecke, prämiert wurden nur Lückenschluss-Ideen. Die raffinierteste Strategie verfolgt das Hamburger GMP-Büro. Enttäuscht, daß Volkwin Margs Vorabvorschlag eines „Lustgarten der Moderne“ – mit Wasserspielen Bäumen und Skulpturen, Bild unten – nicht reüssierte, beteiligte sich das Hamburger Büro im Wettbewerb nur noch mit einer Art kleinen Messehalle aus der Schublade „China/abgelehnt“.  Die Global-Routiniers wußten, was viele der…

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Mehr Bürokratie bitte!

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GREETINGS VON DER MEENKWIESE Besagte Wiese ist ein parkähnliches Gelände im Hamburger Stadtteil Eppendorf, in dem ich des Sommers (ja, den gibt’s dort auch) an manchen Tagen beliebe, meine Hängematte zwischen zwei Bäumen aufzuspannen und auszuspannen (chillen, für die jüngeren unter unseren Lesern). Dabei mache ich dann flüchtige Bekanntschaft mit zahlreichen Passanten, die zu 99,99 Prozent den originellen Kommentar abgeben: „Das ist aber auch eine gute Idee.“ Wieso „aber“ und welche Idee noch gut ist, frage ich nie nach. Etwas nähere Bekanntschaft habe ich mit einer Dame gemacht, die oft zum Blumengiessen dort hinkommt. Im gelegentlichen Smalltalk mit ihr erführ ich, dass die Stadt die Pflege und Bepflanzung der wegangrenzenden Beete an engagierte Privatpersonen wie diese professionelle Gärtnerin freigegeben hat, zwecks Ersparnis öffentlicher Ausgaben natürlich. Es blüht sehr hübsch in ihren Beeten. Leider ist sie nur für einen Teil verantwortlich. Weiter hinten im Park, dort, wo ich mich im Sommer nie aufhalte,…

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Lauter Fehler

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GREETINGS AUS DER OFFENEN KÜCHE J’accuse! Oder heisst es Je regrette!? Ich bekenne mich jedenfalls schuldig; jahrelang habe ich ja mit Reportagen aus grossen offenen fliessenden Räumen  selbst mitgeholfen, ein Ideal zu fördern, das inzwischen gehörig an meinen Nerven zerrt – das der Offenen Küche. Das Auge isst mit, klar, aber das Ohr wohnt auch immer mit. Und zwar mehr, als mir früher klar war, ich bin kurz davor,  wie die stoisch-tapferen Zeugen Jehovas mich vor die grossen Küchenstudios zu stellen und Plakate in die Luft zu halten: Kehret um! Glaubt nicht den falschen neuen Propheten von gemeinschaftsfördernder Atmosphäre und heiterer Grosszügigkeit! Wie bei so vielen Irrtümern, im Allgemeinen wie bei mir, stand am Anfang Idealismus. Wer will etwas gegen Frauen-Sollen-Es-Besser-Haben und fliessende Raumparaden a la Corbusier haben? Oder gegen schöne Doppelseiten in Magazinen?  Als ich meine Frau kennenlernte, war schnell klar: Meine Kochtalente liessen mich immer nur Zweitbester sein,  meine familiären Stärken, so hat sich langfristig herausgestellt, liegen in…

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