Der lange Weg des Glücks

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GREETINGS AUS SÜDAMERIKA

Manchmal kommt das Glück auf äußerst verschlungenen Pfaden zu einem, trifft einen dafür aber umso plötzlicher und unvermittelter. Oft braucht es eine ganze Zeit, bis es einen erwischt, weil es einen langen, langen Weg hinter sich bringen musste. Das ist ganz eindeutig so bei dem kulinarischen Glücksfall, von dem ich hier berichten muss. Muss – denn ist wohl eine der simpelsten, schmackhaftesten, gesundesten, nahrhaftesten und spektakulärsten Speisen, bei deren Zubereitung selbst der lernresistenteste Kochtrottel nichts falsch machen kann. Dafür aber mit 99,9prozentiger Sicherheit höchste Anerkennung für seine Kochkunst erfahren wird.

Das Glück startete vor geraumer Zeit im Andenstaat Peru, wo sich die Einheimischen diese schmackhafte Idee haben einfallen lassen und sie „Ceviche“ nannten (ich denke, man spricht es „se-wie-tsche“ aus). Auf dem Weg zu mir verirrte es sich erst noch nach Nordschweden, wo der kochbegeisterte Schwager meiner guten Freundin Astrid sich vor kurzem intensiv der südamerikanischen Küche gewidmet und eben auch dieses Rezept getestet hat. Glücklicherweise stammt besagte Freundin ebenfalls aus Nordschweden und war just zu diesem Zeitpunkt auf Heimaturlaub. Damit gehörte sie zu den Testessern. Und hatte natürlich nichts besseres zu tun als das Rezept sofort in ihre neue Wahlheimat Hamburg zu entführen. Bei erst- oder zweitbester Gelegenheit passte sie mich auf der Straße auf (wir sind Nachbarn) und bot mir an, abends zu kochen. Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommt.

Ich sitze also immer noch ahnungslos an ihrem Küchentisch bei einem Begrüßungsschluck Weißwein, als sie zwei Schälchen vermeintlich mit Salat befüllt. Bisschen obstig, denke ich noch von weitem, aber ich bin ja erst einmal für (fast) alles zu haben. Kulinarisch meine ich. Hatte sie nicht von Fisch als Vorspeise gesprochen? Ich piekse mit der Gabel rein, bugsierte das erste Ensemble kleiner bunter Würfel (grün, orange, weiß) in den Mund – und weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll. Natürlich macht man der Gastgeberin Komplimente, wenn es gut schmeckt, aber in diesem Fall kam ich mir so überschwänglich vor, dass ich das Gefühl hatte, mich augenblicklich bremsen zu müssen. Andererseits – warum nur? Was ich im Mund hatte? Rohe Kabeljauwürfel in Limetten-/Zitronensaft gebeizt, das setzt eine Art Garprozess in Gang, höchstens zwei Stunden lang liegen lassen, sagt meine Nachbarin, sonst ist der Fisch „verkocht“. Dazu ähnlich große Würfel einer reifen Mango und einer reifen Avocado, klein geschnittene Frühlingszwiebel, Koriander, ein bisschen Zucker, Satz und Pfeffer. Das kann ja wohl jeder, oder?

Ich überlege immer noch ganz verzaubert, was das Geheimnis dieses Rezeptes ist. Vielleicht, dass es fast ein ganzes Menü in einer Schale ist: Fisch, Gemüse, Obst, Saft. Es ist frisch, leicht, trotzdem sättigend. Schmeckt leicht asiatisch (ehrlich gesagt wäre ich heilfroh, wenn ich sowas in einem asiatischen Spezialitäten-Restaurant bekommen würde; einen Peruaner haben wir in Hamburg meines Wissens noch nicht).

Ceviche ist der neuste Neueinsteiger in meiner Rezepte-Hitparade. Es ist von sofort von 0 in die Top-5 geklettert. Unbedingt nachmachen! Und probieren.

Noch mal zum Mitschreiben (ausnahmsweise, eigentlich wollten wir ja ein rezeptfreier Blog bleiben):

250 g Kabeljaufilet, gewürfelt

1 Limette

1/2 Zitrone

1/2 Mango

1/2 Avocado

1 Frühlingszwiebel

20 Blätter Koriander (gern auch mehr)

Zucker, Salz, Pfeffer (alles sparsam)

Lecker, lecker, lecker findet Jan

 

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