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greetings from Abstieg

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AUF EINE ZIGARETTE

So, jetzt ist auch für die Mitarbeiter des Tabak-Konzerns Reynolds wahr geworden, was die Werbung in den 70er Jahren suggeriert hat: „Ich geh meilenweit für eine Camel Filter“, behauptete damals, wenn ich mich recht erinnere, ein cooler Typ, der natürlich damit klar machen wollte, wie gut genau diese Marke schmeckt. Heute gehen die Reynolds-Angestellten notgedrungen weit für eine Zigarette – in den Gebäuden ist das Rauchen demnächst verboten.

Dort werden nun Menschen in kleinen Gruppen, im Sommer vor abweisenden grauen Bürohäusern oder Fabrikhallen, im Winter armselig frierend vor den Toren stehen und zitternd die benötigte Nikotinzufuhr mittels gierigem, schnellen Saugen an der Zigarette bewerkstelligen. Ein Anblick, der mich als ehemaligen Raucher immer wieder bedrückt und schockiert. Mein Glück, dass ich aufgehört habe, bevor es dermaßen bergab ging mit dieser Droge. Auch wenn mir noch aktive Raucher immer wieder versichern, dass man vor der Tür ganz „lustige Bekanntschaften“ macht und im Sommer vor Restaurants in Italien tatsächlich ganz gesellige Runden mit Zigarette und Glas Wein in der Hand palavern, drinnen dafür traurige Gestalten allein am Tisch warten – einen größeren Abstieg hat wohl kein, sagen wir mal im weitesten Sinne, Genussmittel je erfahren. Gewissermaßen durchgereicht von der ersten Liga in die Kreisklasse.

Gewiss, aus gesundheitlichen und geruchsrelevanten Gründen sind raucherfreie Gebäude, Restaurants, Bars durchaus zu begrüßen. Und man kann sich das ja heute gar nicht mehr vorstellen, nur absurd erscheinende Durchsagen („möchten wir darauf hinweisen, dass dies ein Nichtraucherflug ist“) erinnern noch daran, dass es früher in Flugzeugen noch Raucherbereiche gab (in denen ich stur gesessen und vor mich hin gequalmt habe und viele andere Fluggäste sich auf ein Zigarettchen dazugestellt haben). Damals, also noch bis in die frühen 90er hat man geraucht. Die Nichtraucher waren die Uncoolen.

Und manchmal denke ich: Es hatte auch was. Damals im Gegensatz zu heute auch eine Portion Stil (so kann sich das Thema auch in diesen Blog schummeln). Man stand nicht alleine auf einem zugigen Balkon, sondern gab zum Beispiel einer Dame möglichst galant Feuer (und kam so ins Gespräch, eventuell). Nicht nur einer Dame. Eines meiner Lieblingsmotive ist die Szene, in der, ich würde mal sagen, Percy Heath, Bassist des legendären Modern Jazz Quartett seinem von mir nicht identifizierbaren Bandmitglied Feuer gibt – stilvoll mit einem Streichholz und voller Vorfreude auf die anschließende eigene Zigarette und den ersten Zug. Das Bild strahlt Größe, Geselligkeit, Stil und Zufriedenheit aus. Fast möchte ich wieder anfangen. Fast

Standhafte Grüße

Jan

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