Inspektionsreisen durch die Stilwelt

Schlossbaustelle

Der Kampf ums offene Schloss

von

Schlossbaustelle

GREETINGS VOM BERLINER SCHLOSS-KRIMI Architektonische Problemzonen hat Berlin eine Menge. Eine lange umstrittenene war der Neubau des Stadtschlosses, der inzwischen aber gut vorankommt. Viel zu gut, denn hier scheint die gute Nachricht mal eine schlechte zu sein. Es geht wie immer um Prinzipien – aber auch um Tage, vielleicht sogar Stunden. Wer gerade am Berliner Dom vorbeikommt und dann zwischen der zweiten Grossbaustelle (der U-Bahn) hindurch den Weg findet,  kann Zeuge eines kleines Krimis, eines Wettlaufs zweier Architekten werden. Es geht um die Reihe der Betonkuben (im Bild oben zwischen dem vorderen Sandhaufen und dem gelbem Kran), sie ist nämlich die Basis des neuen Ostflügels. Und um den gibt es einen neuen Streit im alten Streit, eine wiedererstarkte Diskussion in der durch Baubeschluss des Bundestages eigentlich abgeschlossenen Diskussion. Als gewollten Kontrast zum (1950 von der DDR gesprengten) Altbau ist er hypersachlich und scharfkantig geplant (wie hier unten im Modell-Bild)

SchlossOstseite

Der Münchner Architekt Stephan Braunfels hat dagegen angeregt, diesen Riegel doch einfach wegzulassen und das Schloss  u-förmig nach Osten hin zur Spree offen zulassen. Der Vorschlag ist schon älter, Braunfels hatte ihn schon zum Wettbewerb eingereicht, war aber dort nicht berücksichtigt worden, weshalb manche sagen, hier melde sich nur ein schlechter Verlierer. Andere aber (auch ich) finden seine Idee genial. Inzwischen gibt es eine Bürgerinitiative, die für einen Teil-Baustopp wirbt, um die Vorteile des historisch nicht korrekten, aber sehr charmanten offenen, einladenden Schlosses noch einmal zu diskutieren. An diesem geschichtsträchtigen Ort, in dem ja einige Jahrzehnte die DDR-Volkskammer/der „Palast der Republik“ stand, würde eine  symbolische wie auch ganz reale Öffnung Richtung Ostberliner Fernsehturm auch dem dazwischenliegenden, heute ewas verlorenen Platz (früher: „Marx-Engels-Forum“) einen neuen Sinn geben. Von mir kommt hier noch ein Grund – und der läge in einer Art Befriedung, was ja auch nicht die schlechteste Eigenschaft von Architektur sein könnte. Meine Prognose: wird der Ostflügel gebaut wie geplant, werden nachher alle unzufrieden sein, die Anhänger alter wie moderner Architektur; umgekehrt wird ein offenes Schloss versöhnlicher wirken. Das Spannende ist nun, wer schneller ist: eine Bürgerinitiative oder der Baufortschritt. Denn minütlich wächst der Ostriegel in die Höhe – und eine Mehrheit zu finden, vom teuren Neubauprojekt gleich wieder etwas rückzubauen, dürfte nicht sehr realistisch sein. Ich spekuliere mal: Das weiss auch der Wettbewerbsgewinner Franco Stella und nicht zufällig wird deshalb wohl ausgerechnet die moderne Schlossseite als erstes fertig werden…

BerlinSchlossAlt

 

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