GREETINGS VON FREUD Humor hat er ja, der Berliner, auch in der Architektur. Die Fassaden werden immer abweisender, aber an der Spree hält man sich sowieso lieber an innere Werte, weiss ja jeder: arm, aber sinnlich. Lange hielt im geteilten Berlin des Areal zwischen Gedächtniskirche und Urania den Rekord „trostlosestes Büroneubaughetto der City“; Berlingefördert, korrekte Traufhöhe, darunter lieblosester Subventions-Beton. Wer hier arbeitete und nicht gleich aus dem Fenster springen wollte, brauchte was Tröstliches fürs Auge. Die originellste Idee hatten die Planer der DIN-Zentrale (korrekt heisst es das DIN, das Deutsche Institut für Normung); in deren Innenhof pflanzten sie nicht nur ein paar Büsche, sondern gönnten den 400 Mitarbeitern ein ganz individuelles Bild zum Träumen: einen grossen aus Steinplatten akkurat gelegten DIN-A-4-Bogen. Selbstironie jenseits aller Norm, die aber – Meisterschaft der Dialektik – Maßstäbe setzte.
Heute ist das traurigste Neubauviertel Gesamtberlins die Gegend rund um Hauptbahnhof und noch entstehender Europacity. Hier eröffnet nächsten Monat das neue großmöglichst-unterkühlte Innenministerium mit ähnlich innenliegendem Sinn für Humor: den Hof ziert ein steinerner Fingerabdruck in XXL. Ist doch nett, oder? Und es löst eine über hundert Jahre alte ästhetische Streitfrage: Ornament & Verbrechen – geht doch!
Heitere Grüsse sendet ROLF