Inspektionsreisen durch die Stilwelt

KennedyKöln

„Isch bin ein Kölner“

von

KennedyKöln

GREETINGS FROM KENNEDY Kollektives Erinnerungsversagen? Oder Riesenfälschung? Auf jeden Fall hier ein Versprechen: Am Ende dieser Zeilen werden Sie etwas wissen, von dem Sie gar nicht wussten, dass Sie es nicht wussten. Mir ging es jedenfalls so, dank eines Zufallsfundes im Fernsehnachtprogram. Muss die Geschichte der Bundesrepublik umgeschrieben werden? Viel kleiner kann man nicht fragen, denn es geht um Weltpolitik: Kennedys legendäres „Ich bin ein Berliner“, jener charmanter und doch hochpolitischer Einzeiler, war nach neuesten Erkenntnissen (zumindest meinen) nämlich gar nicht so unique, wie alle glaubten. Der Satz hatte einen banalen, beinah absurden Vorläufer. Absolute Ruhe bitte und Konzentration, wir schalten um nach Köln, vor das damalige Rathaus:

Kann man nicht glauben, oder? Kennedy steht in Köln und ruft den Kölnern zu: „Kölle Alaaf“! Karneval mitten im Sommer, an einem Sonntagnachmittag 1963, dem ersten Tag seines 4tägigen Deutschlandbesuchs. Guckt man tiefer in die Archive, entdeckt man: manches war in Köln ähnlich wie zum Finale in Berlin (eine Stadtrundfahrt, ein weihevoller Besuch im Dom mit Kanzler Adenauer, eine Grosskundgebung).  Und was in Berlin die Mauer, waren in Köln noch viele Bomben-Baulücken – unübersehbare Poltikspuren. Rhetorisch ähnlich wie in Berlin, endet Kennedy seine Rede mit einer schwärmerischen Passage – wie ein junger Kölner in Frankreich das Leben lernen könne, in Holland das Rechnen und in England das Handeln. „It is in this spirit that I come to Cologne to see the best of the past, and the most promising of the future. May I greet you with the old Rheinish saying „KOELLE ALAAF!“. Was lernen wir daraus (wenn das Video nicht gefälscht ist wie die Mondlandung)? Dass Banales und Bewegendes sehr nah beieinander liegen können, dass auch Stilikonen mal schwächere Momente haben – und dass Berlin Glück gehabt hat. Hätte Kennedy schon am Rhein gesagt „Ich bin ein Kölner“, was wäre dann für Berlin übrig geblieben? Wohl nur sowas wie „Das ist die Berliner Luft Luft Luft…“

Ernüchterte Grüsse sendet Rolf

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