Inspektionsreisen durch die Stilwelt

Monthly archive

Februar 2016 - page 2

Pessimismus pur

von
image

GREETINGS AUS SOLINGEN Östlich von Köln, dort, wo das sogenannte „Bergische Land“ beginnt, befindet sich ein Städtchen namens Solingen. Ich hätte gern geschrieben „das schöne Städtchen“, aber das wäre auch mit beiden Augen zugedrückt, zu entfernt von der sichtbaren Realität gewesen. Auch von hier könnte ich wieder eine ulkige Bahnhofs-Anekdote berichten. Die Solinger haben sich nämlich die nette Idee ausgedacht, den Hauptbahnhof, den man zugegebenermassen auch nach näherem Hinsehen nicht als einen solchen identifizieren würde, in einen von der Innenstadt weit entfernten Vorort zu verlegen. Ich würde mal sagen, den weitest entfernten. Also irgendwo im Nirwana. Insofern haben sie sich wiederum an Berlin orientiert, die das mit ihrem ja auch zielstrebig getan haben. Nicht in einen Vorort, aber ins Nirwana. Jedenfalls bei seiner Eröffnung. Den meisten Menschen, obwohl nie dort gewesen, ist das hier behandelte Städtchen im Bergischen Land trotzdem wohl bekannt – als die Messer- und Scherenstadt der Republik.…

Keep Reading

Wenn die Kännchen Trauer tragen

von
GF_TodInDerKanne

GREETINGS FROM TOD Ja ist denn schon Erster April? Oder noch Karneval? Wenn Italien für eines steht, dann für Geschmack. Aber wie kann dann das hier passieren, wenn man der seriösen Quelle  (FAZ vom 18.2.) glauben soll: Ein Industrieller, ein weitläufiger Verwandter der Alessi-Familie, lässt sich im Espressokännchen beerdigen, dem Bestseller seiner Metallfabrik! Als Design-Aficionado glaubt man natürlich daran, daß Design das Leben bereichert. Aber dann – kommt nicht selbst die Gute Form irgendwann an ihr natürliches Ende? Ich fürchte: Wenn zuviel Style, lieber Gott böse! Verwunderte Grüsse sendet ROLF PS: Nur zur Sicherheit: Ich möchte mal bitte NICHT in Zeitschriftenpapier beerdigt werden.

Keep Reading

Entgleisung

von
image

GREETINGS FROM OSNABRÜCK Die noch niedersächsische, aber geografisch eigentlich westfälische Stadt Osnabrück ist in die Geschichte, soweit ich weiss, nur dadurch ernsthaft eingegangen, dass hier (und in Münster) mit dem sogenannten „Westfälischen Frieden“ der 30jährige Krieg offiziell beendet wurde. Lang ist’s her. Seit 1648 ist kaum noch die Rede von diesem beschaulichen Provinzstädtchen. Eigentlich gemein. Denn immerhin hat es einen Bahnhof zu bieten, der in gewissem Sinne als Vorbild für den Hauptbahnhof unserer stolzen Hauptstadt gelten darf. Hier verlaufen schon seit Jahrzehnten die Linien in Nord-Süd-Richtung ein Stockwerk über denen in Ost-West-Richtung. In Berlin hat es dagegen nur der S-Bahn- und Regionalverkehr in die obere Etage geschafft. Dafür stammt der Hauptstadtbahnhof von einem sogenannten Stararchitekten, und der Osnabrücker kann nicht mit so lustigen Warnschildern aufwarten, dass man bitte Gepächwagen und Rollkoffer festhalten möge, weil der Bahnsteig leider etwas abschüssig geraten sei. Schwamm drüber. Auch ansonsten haben beide Städte relativ wenig…

Keep Reading

Was wir nie wieder sehen wollten

von
GF_Kachel2

GREETINGS VON DER KACHEL Von unseren unermüdlichen architektonischen Stilspaziergängen kommen wir heute leider mit einer traurigen Neuigkeit zurück. Was heisst Neuigkeit?! Vermutlich aus Langeweile holen Architekten gerade wieder eine Hausfassaden-Idee aus der Vergangenheit hoch, die den Rekord des ästhetischen Bau-Tiefpunkts des letzten Jahrhunderts hält – noch vor den Postmoderne-Verirrungen, und das will was heissen. Nie sahen Häuser abweisender und depressiver aus als in der Phase späte Sechziger bis frühe Achtziger-Jahre, als sowohl kleine Altbau-Häuser als auch protzige neue Walmdachbungalows komplett mit Kacheltapeten verkleidet wurden. Sie sind gestraft bis heute – ironischerweise gerade durch ihre 100 Prozent Schutzgarantie vor jedem kleinsten Schmutz oder Riss. Warum ausgerechnet dies‘ jetzt wiederbelebt wird – ich kann es mir nicht erklären. Im Zweifel für die Angeklagten, das muss auch in Stilfragen gelten, zugegeben. Bei einigen Bauten vor allem im sandig-gelblichen Farbton scheint es mir ein mißglückter Versuch zu sein, die grandiose Chipperfield-Ästhehtik ins Private zu übersetzen und sich dabei knapp in der…

Keep Reading

Happy Endings

von
GF_HoC2

GREETINGS VOM GUTEN AUSGANG Hugh Grant bekommt Julia Roberts, Sandra Bullock übersteht den Weltraumcrash,  Elias M’barei wird Lehrer. Und wie Schreibfreund Jan hier gerade erinnerte, entlarven Redford&Hoffman den untreuen US-Präsidenten. So weit, so gut. Nur leider: so selten geworden! Ist ein guter Ausgang, also die Belohnung des Guten und nicht des Schlechten, heute nur noch was für Doofe, für Kinder und für Frauen? Sorry für die nicht PC-Aufzählung. Ich hab‘ gerade 20 Stunden „House of Cards“ hinter mir, die hochgelobte Netflix-Serie, die selbst die Süddeutsche mit Brecht’scher Raffinesse vergleicht.  Sie ist  40 Jahre nach „All  the presidents men“ dessen genaues Gegenteil: Es gewinnt der Böse, der Held ist ein intriganter Mann, der seine lästig gewordene Journalisten-Geliebte vor die U-Bahn stösst und am Ende Präsident wird. Ist spannend zu sehen – aber gut find‘ ich’s nicht. In Hollywoods Kinderjahren (den 40ern) und in der Folge auch noch in meiner Kindheit gab es ziemlich strenge Branchen-interne-Drehbuch-Auflagen. Nicht aus Moral-, sondern aus Geschäftskalkül, weil damit Kirchen…

Keep Reading

Go to Top