Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Designer: Stärker als der Tod

von
GF_DesignerEsslinger

GREETINGS FROM DENKMALPFLEGE Interviews mit Designern sind tricky. Entweder erzählen sie zu viel oder zu wenig; die einen schweigen, um sich interessanter zu machen, die anderen reden unstopable über alles mögliche, und das um so lieber, je weiter es von ihrer Alltagsarbeit wegführt. Philippe Starck etwa hat die gesamten 90er und auch noch die Nullerjahre damit verbracht, seine Design-Neuversionen des Immergleichen mit einem einzigen Gedanken zu begleiten: Er sei dafür, dass nicht mehr soviel konsumiert wird. Weil davon inzwischen die Archive überquellen, musste er jetzt für das SZ-Magazin nochmal etwas Koketterie und Exhibitionismus nachlegen: Ich bin autistisch veranlagt. Ich empfinde meine Kreativität als eine Art Krankheit.Ich weiss nicht wohin ich gehöre. Mein Gehirn macht die ganze Zeit Schroonk, Schroonk… Sowas versaut die Maßstäbe. Piero Lissoni etwa, bisher in Interviews eher charmant-cool, versucht im österreichischen Standard rhetorisch aufzuholen: Ich bin ein fauler Mensch. Ich habe beschlossen, den Komfort hintanzustellen und nur noch unbequeme Möbel zu entwerfen. Sobald…

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Das vergessene Olympia-Dorf

von
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GREETINGS FROM BERLIN ’36 Hitlers Sommermärchen nennen jetzt Feuilletonisten ziemlich präzise die 1936er Olympiade in Berlin, die vor 80 Jahren als grosse Propagandaschau Nazideutschlands begann. Selbst in Berlin wissen die wenigsten, dass am Stadtrand das „Olympische Dorf“, in dem die Athleten schliefen, immer noch existiert. Die Schwimmhalle steht noch, die Turnhalle, vor allem aber der grosse Speisesaal, der mit seiner Rundarchitektur an das Olympiastadion erinnert – vom gleichen Architekten Werner March geplant. Über der weitläufigen Anlage mit den Schlafpavillons im Heimatstil liegt heute aber eher eine militärische denn eine sportliche Stimmung. Zwar bedienten damals Hapag-Stewards die Olympiagäste, Max Schmeling kam zu Besuch und die Berliner Philharmoniker spielten Konzerte, doch die 4000 Sportler waren hier, ohne dass sie es wussten, Gäste des Reichsswehrministeriums, das das Areal nach der Olympiade als Kaserne weiternutzte. Und die Russen taten nach 1945 dasselbe. Über den grossen Flügeltüren des Speisesaals sind noch heute Runen mit martialischen NS-Parolen zu lesen, die mit den so oft beschworenen heiteren Spielen nicht recht…

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Neues Bauen

von
GF_Breslau2

GREETINGS AUS SCHLESIEN Man kann aus vielen Gründen nach Wroclaw fahren, in die diesjährige Kulturhauptstadt Europas. Das Tourismusetikett brachte der bis 1945 deutschen und heute polnischen Stadt einige neue Architektur, etwa eine Musikhalle – beeindruckender weil seltener aber fand ich gut erhaltene 20er-Jahre-Kaufhäuser des Neuen Bauens. Lange Jahre war die Stadt nur ein Propaganda-Sehnsuchtsziel von Vertriebenenverbänden, die ihr Vorkriegs-Breslau nicht vergessen konnten. Wer dachte, dass sich der organisierte Deutsch-Schlesienkult nach verlorenem Angriffskrieg, Ostverträgen, Wiedervereinigung und banal-statistischer Sterbetafel irgendwann erledigt hat, darf sich nicht den Youtubefilm anschauen, auf dem Heino das Schlesierlied in der Jahrhunderthalle singt – was sich irgendwie anfühlt wie ein ganz fieser Politik-Porno-Clip. Schnell ein anderes Video: Wie man es vor gut 100 Jahren geschafft hat, die auch heute noch imponierende Halle zu bauen – mit amerikanischen Techniken, die an die Errichtung eines Zirkuszeltes erinnern. Ist irgendwie konstruktiver. Aufbaugrüsse sendet ROLF

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Kein Rheinfall

von
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GREETINGS AUS SCHAFFHAUSEN Warum war es am Rhein so schön? Tragisch-typischer Fall, wo man nicht nur die Antwort, sondern schon die Frage nicht mehr versteht. Auch wenn man sich noch soviele impressionistisch-liebliche Turner-Bilder von Mainz, Koblenz oder Bingen  anschaut (habe ich gemacht), vielleicht getunt noch durch die eine oder andere Flasche Rhein-Wein (auch gemacht): Nachvollziehen lässt sich heute nicht mehr, warum die englischen Reichen der früheren Jahrhunderte nach Grand-Tour-Stops in Frankreich, Italien und der Schweiz sich auf den Romantik-Höhepunkt ihrer Reise freuten – per Schiff den deutschen Rhein hinab zu fahren. Mir fällt keine touristische Region ein, in der überlebte Klischees und heutige Realität so wenig miteinander zu tun haben. Rhein-Romantik gibt’s nicht mehr. Was Bombardierungen an den Ufern übrigliessen, vollendeten Flussbegradigungen, Wirtschaftswunder und 60er-Jahre-Kleinstadt-Modernisierungen. In einigen Uferorten kann man heute zum Preis eines Münchner oder Berliner Luxus-Qaudratemeters ein ganzes Haus kaufen. Wo bleibt das Positive? Hier: Kurz hinter dem Bodensee stürzt der hier noch recht junge Rhein in die Tiefe. Zum ersten…

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Übernachten in Schwarz-Grün

von
GF_Balingen2

GREETINGS FROM TRAUMHOTEL Kann das wahr sein? Eigentlich nicht. Ein Hotel kann ja nicht gleichzeitig für Businessleute und Wanderer funktionieren, in einer Powerregion liegen und Hideaway sein mit Blick in die romantische Ferne. Und doch habe ich genau so etwas jetzt eher zufällig entdeckt – und ärgere mich im Nachhinein über jahrelange mittelmäßige und langweilige Stops zwischen Stuttgart, Tübingen und Reutlingen. Das „Achalm“  geht jetzt ins dritte Jahr und ist ein kleines Wunder. Sollten die Grünen bundesweit Schwarz-Grün anstreben, sollten sie hier ihre Koalitionsgespräche führen: so ungefähr muss die Versöhnung von Kommerz und Ressourcenrespekt aussehen. Obwohl 100 Zimmer gross, ist es ohne TomTom&Co  kaum zu finden und wer die Postanschrift ins Navi eingibt, ist verloren; kein Hotelhinweis markiert am Ortsausgang von Reutlingen die kleine unscheinbare Strasse, von der es plötzlich steil nach oben geht. Und wenn man denkt, hier kann und darf garantiert keiner mehr fahren, führt nochmal ein Privatweg um eine Bergkuppe. Dann die Überraschung: Ein mit 11…

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