Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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GROSSE WORTE
Dass Sprache eine gewisse Ästhetik hat oder wenigstens haben sollte, brauche ich wohl weder meinen Mitbloggern noch unseren Lesern weiter auszuführen. Jedenfalls wenn alles einigermaßen gut läuft. Aber selbst wenn die Formulierungen gehörig in Schieflage geraten, können noch großartige Wortschöpfungen entstehen. Vielleicht gerade dann. In dieser Hinsicht ein schier unerschöpfliches Reservoir ist der Bereich der Exekutive im Allgemeinen, der Verwaltung, also dem, was man gemeinhin als Behörde oder Amt bezeichnet, im Besonderen. Schon vor Jahren ist mir dieser Amtsjargon als in Wahrheit ziemlich kreativ aufgefallen, als ich in einem mir jetzt nicht mehr erinnerlichen Zusammenhang darauf hingewiesen wurde, dass es sich bei dem Gestrüpp am Wegesrand offiziell um „Straßenbegleitgrün“ handelt. Auf so eine fast poetische Bezeichnung muss man erst mal kommen. Zu dieser seltsamen botanischen Gruppe gehören auch die sogenannten „Baumscheiben“, bei denen es sich gerade eigentlich nicht um Scheiben handelt, sondern um kreisförmige oder quadratische Aussparungen im Asphalt, aus denen kleinen Bäumen von Amts wegen erlaubt wird, herauszuwachsen. Tolles Konzept.
Wenn ich es mir genau überlege, muss es in den deutschen Behörden, wahrscheinlich bundesweit zentral gesteuert, eine spezielle Stabststelle geben, in der besonders motivierte Mitarbeiter irgendwo im dunklen Keller versteckt, auf Speed gesetzt werden und ihnen weitere Drogen für die absonderlichsten Wortschöpfungen versprochen werden. Und wenn man erst einmal angefixt ist, wird man alles tun, um an neuen Stoff zu kommen. Weiß man ja. Diese Fabulierungs-Fachkräfte wachsen denn auch regelmäßig über sich hinaus.
Zum Beispiel mit der wunderschönen Kreation „Stellenbewertungsvermutung“. Ich habe ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer, um was es sich dabei genau handeln könnte, aber hätte ich, würde ich es sofort in mein schreiberisches Repertoire aufnehmen. Jedenfalls fallen im Vergleich dazu Klassiker wie „Parkraumbewirtschaftung“ (Amtscode für Knöllchen schreiben) deutlich ab. Meine neuste Errungenschaft wird sich aber, wenn ich mal eine persönliche Stellenbewertungsvermutung anstellen darf, sehr lange an erster Stelle meiner „Liste der großen Worte“ halten. Dabei handeltet es sich um die Einwortzusammenfassung der Regelung amtlicher Maßnahmen gegen ein Phänomen, Wohnungen anzumieten, sie aber nicht selbst zu nutzen, sondern Touristen als Ferien- oder Wochenenddomizil anzubieten. Wie das Wort heisst? Natürlich: „Zweckentfremdungsverbotsverordnung„.
Amtliche greetings von Jan

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