Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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greetings to ß

von

DREI MIT RÜSSEL

Lieber Sprachwächter, ich wollte gerade mal wieder ein ausserordentliches Sonderlob in Richtung Cupertino loswerden, weil ich wähnte, die modernen Menschen bei Apple hätten getan, was deutsche Sprachbeauftragte schon längstens hätten tun sollen, spätestens aber im Zuge einer der diversen Rechtschreibreformen hätten tun müssen: das „ß“ eliminieren. Mit der Aktualisierung meines Betriebssystem, glaubte ich, hätten die Apples das schon mal durch Verbannung dieses missratenen Buchstabens von der Tastatur in die Wege geleitet.

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Dass ich in letzter Zeit meist auf die Benutzung dieses Buchstabens verzichte, war also nicht die anarchistische Natur in mir, aber diebisch gefreut habe ich mich, dass beim längeren Drücken auf das „s“ diese merkwürdige Option nicht mehr angeboten wurde. Eine überfällige Entscheidung – wäre das gewesen. Leider hat meine verfrühte Freude meinen Blick verklärt. Erst nach einigen Tagen schweifte mein Blick in die rechte untere Ecke der Tastatur und ich vergegenwärtigte, dass die Herren und Damen des angebissenen Obstes eher das Gegenteil getan haben und dieser buchstäblichen Missgeburt einen Sonderplatz in Gestalt einer eigenen Taste zur Verfügung gestellt haben.

Jetzt geht der Ärger damit weiter. Wer professionell mit Schreiben und Schrift zu tun hat, weiss (hehe!), wie unglücklich es ist, diesen überflüssigen Buchstaben etwa in versalen Zusammenhängen wie Überschriften einzusetzen. Geht gar nicht! Auch mündlich kann man ihn schwer buchstabieren, es hört sich nach zwei Buchstaben an. In Süddeutschland ist er deshalb auch als „scharfes s“ bekannt. Das klingt aber auch unfreundlich, fast feindselig.

Wir sollten uns ein Beispiel an den sonst ja nicht gerade für übertriebene Fortschrittlichkeit bekannten Schweizern nehmen. Die haben dieses hässliche Gebilde längst aus ihrem Alphabet verbannt. Und wir würden „sz“ nur noch in einem Zusammenhang gebrauchen, in einem sehr positiven: Wenn es um die beste Tageszeitung in Deutschland geht.

Es grüsst – natürlich ohne scharfes s Jan

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