GREETINGS VOM DEUTSCHLEHRER „greetings from“ fände er „widerlich“ – weil ohne Not englisch. Wie ungerecht. Es war doch gerade sein Fremdsprachentalent, das Wolf Schneider gleich in den ersten Nachkriegstagen eine Lebensperspektive bot – als Dolmetscher bei BMW. Die erste Text-Station eins Sprachverliebten. Oder sollte ich eher schreiben: eines Sprachversessenen und Pedanten? Ein „Arschloch“ hat Henri Nannen ihn gennant und Schneider zitiert das stolz in seinen Lebenserinnerungen. Ich hab‘ sie gerne gelesen, wenn auch mit sehr gemischten Gefühlen – man muss sich sehr an seinen selbstgerechten und oft arroganten Grundton gewöhnen. Faszinierend fand ich dann aber doch einiges. Wie durchlässig und zufällig doch die Medien-Anfangsjahre der Bundesrepublik waren (Wolfram Siebeck hatte einen vergleichbaren Karrierestart, er begann als Zeichner für die WAZ und entdeckte dann seine Leidenschaft und seine Marktlücke „Besser Essen“). Wie leicht auch ein ehrgeiziges Supertalent in Karrieresackgassen geraten kann (wie Schneider bei Springer) und sich dann auch ein teuer eingekaufter Chefredakteur zwischen allen Stühlen wiederfindet. Und wie man sich dann möglichst nicht zulange leid tun, sondern seinen Interessen folgen sollte. Bei Schneider war die Krise der Beginn seiner Sprachlehrer-Karriere („Wörter machen Leute“), die ihn bis zum Leiter der Gruner+ Jahr-Journalistenschule und zum gutgezahltem Referenten brachte. Und alles, weil er ein mathematisch präzises Ohr für die Sprachlogik bis in endlose Konjuntiv-Tiefen hatte. Ein so toller Erzähler, wie er selbst glaubt, ist er aber nicht. Und, nicht frei von Tragik: alles was ihm wichtig war, ist in den Schulen der neuen Medienlandschaften nur noch ein Nebenfach. Bestenfalls.
Grüsse (bestimmt voller Fehler) sendet ROLF