Inspektionsreisen durch die Stilwelt

GF_Kudammtheater226

Auf der Suche nach Rehen

 

IMG_3319

GREETINGS FROM VERSCHWINDEN So, das wars jetzt; gestern abend um 21:10 fiel, nein: schloss sich in den sogenannten Kudamm-Theatern der letzte Vorhang vor dem Total-Abriss. Am Ende, als es nicht mehr zu ändern war, tat es eigentlich allen leid, außer vielleicht dem Investmentfonds „Mars Propco 1“, der in dem riesigen Block neu bauen will. Sieht mans rein ästhetisch, ist das Todesurteil allerdings schon 44 Jahre alt, seit nämlich in den Siebzigern das sogennante Kudamm-Karree brutal über die historischen Bühnen – immerhin Original Max Reinhard -und Oskar Kaufmann-Sääle – gestülpt wurde, ihnen ihre eigenen Fassaden nahm und nur noch schmale Billigkino-ähnliche Entrees liess. Wer sollte hinter solchen Eingängen – vielleicht außer Harald Juhnke – irgendetwas Schützenwertes erwarten?

GF_Kudammtheater21GF_TheaterKudamm3

Was zu der interessanten Frage führt, wo sich überhaupt die vielgerühmte Aura aufhält, wie man sie in neuere Zeiten führt und wann sie verschwindet. Wie fragil das ist, lässt sich gerade am Kudamm mehrmals beobachten. Das Wirtschaftswunder-Café Kranzler vertrug zwar durchaus noch einen 4 fach grösseren Glasüberbau von Hellmuth Jahn – nicht aber mehr den doppelstöckigen Einzug eines Jeansshops. Mag äußerlich noch alles original dastehen, bis hoch zur ikonenhaft-tortenähnlichen  Rotunde – es funktioniert nicht mehr. Noch dialektischer zeigt sich die Frage der Aura eine Strassenecke weiter, wo das legendäre Kempinski-Hotel unverändert blieb, jetzt aber statt dem gewohnten Schriftzug das international fettoptimierte BRISTOL prangt. Hat bei Raider und Twix geklappt, hier nicht. Wie wir Finanz&Ästhetik-Fachleute sagen: Aura ist ein scheues Reh.

GF_KudammKempinskiGF_Kudamm123

Grüsse vom Kurfürstendamm sendet ROLF

PS: Noch angucken am Kurfürstendamm, solange noch vorhanden: Astor Filmlounge und Cafe Grosz, hinterer Saal

 

 

 

 

Latest highlights

GF_UbahnenBerlin8

Zum Style-Trip zurückbleiben bitte!

GREETINGS VOM UNDERGROUND Wer von den 70ern nicht nur die hässliche Seite sehen möchte, kann das in Berlin tun. Both Sides Now, wie wir Pophistoriker sagen. Auf der U-Bahn-Linie 7 zwischen Spandau und Charlottenburg haben sich Tunnel-Dekore erhalten, die zur Premiere von Architekten als modisch belächt wurden. Heute  gefallen sie genau deswegen: gut konservierter optimistischer Zeitgeist. Entworfen vom …

Keep Reading

GF_KudammKarree4

Im Zeittunnel

GREETINGS AUS DEN 70ERN Geld stinkt nicht? Doch, ein bisschen müffelt es. Dazu das funzelige Licht. Aber ich will nicht klagen, es hat sich ja gelohnt – einmal falsch abgebogen und ein wissenschaftliches Rätsel gelöst: Es GIBT Zeittunnel. Wer vom Berliner Kurfürstendamm Nr. 207 das gleichnamige Karree betritt und mutig immer geradeausgeht, auch dann noch, wenn die …

Keep Reading

GF_Krankenwagen2

Im Ärztehaus

GREETINGS FROM GESUNDHEITSWESEN Neulich im Ärztehaus (ich schreib‘ mal nicht, welche Stadt): aus Versehen im Fahrstuhl die falsche Taste gedrückt und in der Tiefgarage gelandet. Und gestaunt: wie Krankenwagen sahen die Autos nicht aus. Ach, hätte ich in der Schule doch mehr aufgepasst. Oder wenigstens beim Autoquartett. Neidische Grüsse von Kassenpatient ROLF …

Keep Reading

GF_Kulturvolk

Jetzt neu: Deutsch und Volk

GREETINGS FROM RECHTS UND LINKS Puh, erstmal hinsetzen nach dem Schreck. In der Post heute morgen: eine bräunlich-goldene Plastikkarte, verpackt in runenhaften Volks-Grafiken. Eine perfide Werbeaktion der AfD? Nein, schlimmer, aber auch komischer: der Versuch des Berliner Theatervereins Volksbühne, sich ein aktuelleren Auftritt zu geben; man wolle den Begriff Volk wieder positiv …

Keep Reading

Ein verlorener Abend

von
IMG_4003

GREETINGS AUS DER LANGEWEILE Zwei und eine viertel Stunde – was kann man darin und damit nicht alles machen. Fußballweltmeister kann man werden oder im Vapiano nacheinander die Pizza-, die-Salat- und die Getränketheke besuchen oder von Hamburg bis ins Brauhaus nach Bleckede radeln. Man kann also viel Spaß haben. Genau das Gegenteil war mein Abend gestern. Mein Fehler: mir die Apple-Neuigkeiten im Lifestream anzusehen. Neuigkeiten, werden Klügere als ich jetzt fragen – welche Neuigkeiten? Man soll in Zukunft auf dem iPhone zwei Fenster nebeneinander öffnen können und Musik nicht nur kaufen, sondern wie bei Spotify auch streamen können –  insgesamt ein news-Wert von, sagen wir, aufgerundet fünf Minuten. Stattdessen durfte ich mir aufgekratzte kalifornische Millionäre unter offensichtlich verschieden wirkenden Doping-Einflüssen in endlosen Steve-Jobs-Imitatiosvarianten ansehen. Irgendwas läuft da ziemlich schief. Jobs‘ Genie bestand ja gerade darin, aus einer unendlichen Fülle technischer Möglichkeiten simple, klare, faszinierende Dinge herauszufiltern. Seine Nachfolger machen das Gegenteil – und sie scheinen es…

Keep Reading

Cool Hamburg

von
image

GREETINGS FROM ELBJAZZ Alle reden vom Wetter. Wir nicht. Natürlich nicht. Wir reden von Hamburg. Eine Stadt, die für viele vielleicht überraschend unter dem Titel „Lieblingsorte“ auftaucht. Jedenfalls, wenn ich darüber schreibe. Ja, es stimmt, ich habe mich hier und da schon despektierlich über diese merkwürdig überhebliche Stadt geäußert mit ihrem abenteuerlich überheblichen Erstliga-Fußballverein, der sich mal wieder durchgemogelt hat und unverdientermassen nicht abgestiegen ist, (lieber Heiner!). Aber es gibt (mindestens) zwei Tage im Jahr, da ist diese merkwürdige Stadt tatsächlich einer der coolsen Orte der Welt. Wenn nicht DER coolste! Die beiden Tage befinden sich seit sechs Jahren am Ende des Monats Mai, ich hoffe, ich schreibe nichts Falsches, wenn ich sie generell auf das letzte Mai-Wochenende datiere. Freitag/Samstag. Dann findet das „Elbjazz“-Festival statt. Der Bogen ist weit gespannt, von lässigem Souljazz bis zu etwas anstrengendem oberlehrerhaften Jeder-gegen-jeden-Freejazz auf locker zehn Bühnen im Hafen verteilt. Und das ist der Extra-Clou: die Location! Man fährt mit…

Keep Reading

Goodbye, verrückte Männer

von
IMG_3754

GREETINGS FROM MAD MEN Jetzt ist’s also endgültig aus mit Don Drapers immer wieder verlängerten Agenturabenteuern aus der Madison Avenue. Und wenn ich aus ihnen eines gelernt habe, dann daß in Sachen Abschied-Von den-Guten-Alten-Allmachtsphantasien-Zeiten die Werber den Journalisten ja eigentlich nur vorausgegangen sind. Aber schön wars doch. Mein letzter Chefredakteur hatte sich seine Bürotür noch blaugrau streichen und seinen Namen in Versalien darauf setzen lassen wie der charismatische Fernsehwerber. Hat auch ein paar Jahre super funktioniert. Blöd nur, daß jetzt sogar das ganze Redaktionshaus verkauft werden soll, inclusive stylischer Madison-Avenue-Tür – schöpferische Zerstörung. Werbe-Grüsse sendet ROLF

Keep Reading

Es war nicht alles schlecht

von
EsWarNichtAllesSchlecht

GRRETINGS VOM FORTSCHRITT Wie relativ doch alles ist. Sieht das wunderschön streng-gerasterte Haus oben nicht aus wie eines der ganz neuen wunderbaren Bürohäuser rund um den Berliner Hauptbahnhof aus den 10er-Weltstadt-Boomjahren des 21. Jahrhunderts?  In Wirklichkeit sehen wie hier einen späten Sieg des Sozialismus. „Überholen ohne einzuholen“ wollte der ja den Kapitalismus. Und er hat’s  ja teilweise geschafft, nur hatte er es selbst nicht gemerkt. Denn das Bild oben zeigt das Außenministerium der DDR, 1964 von Nationalpreisträger Josef Kaiser entworfen, 30 Jahre später wie auch der gegenüberliegende „Palast der Republik“ abgerissen. Was sagt uns das? Pech gehabt, bestraft vom Leben: gestalterisch kam der Bau 50 Jahre zu früh – und er stand zwei Kilometer zu weit östlich. Ost-West-Grüsse sendet ROLF  

Keep Reading

Es war nicht alles gut

von
IMG_3736

GREETINGS VON DER SCHLANGE Alle wollten das Beste, aber leider, leider hat’s nicht geklappt. Nachdem 1989 die Mauer fiel, war die 400 meter lange   „Nutheschlange“ das erste westliche Immobilienprojekt in Berlins wiedergewonnem Umland. Ein Wohnriegel in Potsdam-Babelsberg, wie man ihn in der DDR-, aber auch in Westberlin noch nie gesehen hatte. Kein Plattenbau (weder östlicher noch westlicher Tradition – wenn man ehrlich ist, unterscheiden sich ja manche 70er und 80er Westgrosssiedlungen sowie kaum von ihren tristen VEB-Brüdern), sondern eine extrem individualistische Zusammenfügung von allem, was Geometrie- und Grafik-Baukasten hergeben: Vorsprünge und Ausbuchtungen, geschwungene Dächer, verglaste Übergänge. Architekt war der Westberliner Hinrich Baller, der entlang einer Schnellstrasse eine Phantasielandschaft modellierte aus Reihen-Hochhaus, eingeschobenen Hügeln, Terrassengärten, Laubengängen, begrünten Parkhauskellern und über einen künstlichen Bach hochgestelzten Einzelhäusern. Sowas gab’s noch nie und alle staunten: So schön, so menschenfreundlich kann der Westen bauen? Wohl leider doch nicht, wie sich heute zeigt, denn das Prestige-Projekt aus der ersten Wendeeuphorie entwickelt sich für den Inhaber, die kommunale Wohnungsgesellschaft, zu…

Keep Reading

1 27 28 29 30 31 65
Go to Top