Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Auf der Suche nach Rehen

 

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GREETINGS FROM VERSCHWINDEN So, das wars jetzt; gestern abend um 21:10 fiel, nein: schloss sich in den sogenannten Kudamm-Theatern der letzte Vorhang vor dem Total-Abriss. Am Ende, als es nicht mehr zu ändern war, tat es eigentlich allen leid, außer vielleicht dem Investmentfonds „Mars Propco 1“, der in dem riesigen Block neu bauen will. Sieht mans rein ästhetisch, ist das Todesurteil allerdings schon 44 Jahre alt, seit nämlich in den Siebzigern das sogennante Kudamm-Karree brutal über die historischen Bühnen – immerhin Original Max Reinhard -und Oskar Kaufmann-Sääle – gestülpt wurde, ihnen ihre eigenen Fassaden nahm und nur noch schmale Billigkino-ähnliche Entrees liess. Wer sollte hinter solchen Eingängen – vielleicht außer Harald Juhnke – irgendetwas Schützenwertes erwarten?

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Was zu der interessanten Frage führt, wo sich überhaupt die vielgerühmte Aura aufhält, wie man sie in neuere Zeiten führt und wann sie verschwindet. Wie fragil das ist, lässt sich gerade am Kudamm mehrmals beobachten. Das Wirtschaftswunder-Café Kranzler vertrug zwar durchaus noch einen 4 fach grösseren Glasüberbau von Hellmuth Jahn – nicht aber mehr den doppelstöckigen Einzug eines Jeansshops. Mag äußerlich noch alles original dastehen, bis hoch zur ikonenhaft-tortenähnlichen  Rotunde – es funktioniert nicht mehr. Noch dialektischer zeigt sich die Frage der Aura eine Strassenecke weiter, wo das legendäre Kempinski-Hotel unverändert blieb, jetzt aber statt dem gewohnten Schriftzug das international fettoptimierte BRISTOL prangt. Hat bei Raider und Twix geklappt, hier nicht. Wie wir Finanz&Ästhetik-Fachleute sagen: Aura ist ein scheues Reh.

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Grüsse vom Kurfürstendamm sendet ROLF

PS: Noch angucken am Kurfürstendamm, solange noch vorhanden: Astor Filmlounge und Cafe Grosz, hinterer Saal

 

 

 

 

Latest highlights

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Zum Style-Trip zurückbleiben bitte!

GREETINGS VOM UNDERGROUND Wer von den 70ern nicht nur die hässliche Seite sehen möchte, kann das in Berlin tun. Both Sides Now, wie wir Pophistoriker sagen. Auf der U-Bahn-Linie 7 zwischen Spandau und Charlottenburg haben sich Tunnel-Dekore erhalten, die zur Premiere von Architekten als modisch belächt wurden. Heute  gefallen sie genau deswegen: gut konservierter optimistischer Zeitgeist. Entworfen vom …

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Im Zeittunnel

GREETINGS AUS DEN 70ERN Geld stinkt nicht? Doch, ein bisschen müffelt es. Dazu das funzelige Licht. Aber ich will nicht klagen, es hat sich ja gelohnt – einmal falsch abgebogen und ein wissenschaftliches Rätsel gelöst: Es GIBT Zeittunnel. Wer vom Berliner Kurfürstendamm Nr. 207 das gleichnamige Karree betritt und mutig immer geradeausgeht, auch dann noch, wenn die …

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Im Ärztehaus

GREETINGS FROM GESUNDHEITSWESEN Neulich im Ärztehaus (ich schreib‘ mal nicht, welche Stadt): aus Versehen im Fahrstuhl die falsche Taste gedrückt und in der Tiefgarage gelandet. Und gestaunt: wie Krankenwagen sahen die Autos nicht aus. Ach, hätte ich in der Schule doch mehr aufgepasst. Oder wenigstens beim Autoquartett. Neidische Grüsse von Kassenpatient ROLF …

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Jetzt neu: Deutsch und Volk

GREETINGS FROM RECHTS UND LINKS Puh, erstmal hinsetzen nach dem Schreck. In der Post heute morgen: eine bräunlich-goldene Plastikkarte, verpackt in runenhaften Volks-Grafiken. Eine perfide Werbeaktion der AfD? Nein, schlimmer, aber auch komischer: der Versuch des Berliner Theatervereins Volksbühne, sich ein aktuelleren Auftritt zu geben; man wolle den Begriff Volk wieder positiv …

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Werbung am Wasser

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GREETINGS FROM MIAMI BEACH Ok, das musste sein, das mit dem Zusatz „Beach“. Einerseits ist es natürlich geopolitisch und stadtrechtlich korrekt, die Insel ist eben ein eigener Verwaltungsbezirk, genauer, ein Sammelbegrif für viele eigene Städte, aber der wahre Grund war natürlich, ein bisschen Neid in der Gemeinde der im frischen Frühling zurückgebliebenen Greetingsfrom-Fans zu schüren. Also berichte ich auch gleich mal von dem, dem diese Verwaltungsbezirke ihren Gemeinschaftsnamen verdanken. Gleich vorweg: Es ist das beste an diesem Ort. Der unendliche, megabreite weisse Strand, der mächtige wohltemperierte Atlantik, dessen Türkis sich schon an die naheliegende Karibische See anschmeicheln will. Dazu Sonne, ein paar neckische Wölkchen. Alles ziemlich perfekt. Wenn man einen gewissen Sinn für, sagen wir mal, Urlaub in den 50er- oder 60er-Jahren hat. Denn es wird nicht versäumt, den wochenendlichen Sonnenanbetern Anregungen für die Abendgestaltung zu geben. Und zwar in Dauerschleife. Was wörtlich zu verstehen ist, denn hier setzt man auf…

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Kaffee zum Gehen

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GREETINGS VOM CAFÈ KRANZLER Neues Wort gelernt: Westalgie. Stammt aus Berlin, würde aber auch in ganz Westdeutschland funktionieren, denn es beschreibt das Phänomen, dass mit dem Fall der Mauer nicht nur, wie erwartet, Ostberlin und die DDR untergingen, sondern auch das westliche Pedant. Es war gar nicht so neutral und ewiglich wie es schien, viel fragiler als gedacht, und bekommt wie alles, was verschwindet, nun aber nostalgisch-verklärten Glanz. Für alle, die darauf aus sind, hier eine dringende Location-Warnung. Das Café Kranzler war mal DAS Westberliner Café am Kudamm, sein Wirtschaftwunder-Feeling war  gerade durch seine Tanten- und Touristen-Gemütlichkeit ziemlich authentisch, nicht mal die vorbeiziehenden 68er-Demos, die hier als Vietnamprotest nach einer Günter Grass-Idee einen Dackel anzünden wollten, konnten das zerstören. Vorbei und weg, wie die Mauer. Als alle nach Mitte wollten, zog ein Gerry Weber-Textilladen in die Kaffeéräume und liess nur noch die denkmalgeschützt Rotunde mit der rotweiss-Markise offen, auch der Jeans-Mietnachfolger Superdry hält das so – weshalb man zwischen all…

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Exotik an der Elbe

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GREETINGS FROM DRESDEN Eine Kuppel wie auf Kairoer Kalifengräbern, ein Schornstein wie ein Minarett-Turm: Als der Orient noch exotisch aber ansonsten weit weg war, liess sich 1909 der Dresdner Fabrikant Hugo Zietz eine neue Zigarettenfabrik als „Tabakmoschee“ bauen. Klein schmückte sie als Signet die Packungen von „Salem Aleikum“-Zigaretten, gross steht sie noch immer am Dresdner linken Elbufer – ein Wunder nach Flächenbombardierung und DDR Tristesse – und beherbergt heute Büros und ein Restaurant. Bei dem schönen Wetter aber lieber rüber auf die andere Elbseite, ins Ballhaus Watzke, auch ein Dresdner Original. In der Sonne geht der Blick aus dem Biergarten bis zu den Barocktürmen der City. Sehr entspannt, sehr einladend, sowas hatte ich gerne bei mir um die Ecke. Nur bitte, liebe Dresdner, hier im Ballsaal nicht so oft Herrn Höcke reden lassen. Sonst könnt Ihr Euer Bier hier alleine trinken. Von der sächsischen Elbe grüsst ROLF  

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Jetzt neu: Deutsch und Volk

von
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GREETINGS FROM RECHTS UND LINKS Puh, erstmal hinsetzen nach dem Schreck. In der Post heute morgen: eine bräunlich-goldene Plastikkarte, verpackt in runenhaften Volks-Grafiken. Eine perfide Werbeaktion der AfD? Nein, schlimmer, aber auch komischer: der Versuch des Berliner Theatervereins Volksbühne, sich ein aktuelleren Auftritt zu geben; man wolle den Begriff Volk wieder positiv besetzen und sich deshalb nicht mehr Volksbühne nennen sondern Kulturvolk. Alles klar? Na ich weiss nicht, zuviel aktuelles PC-Theater-Gucken macht auch nicht unbedingt klüger, ich fürchte, da ist ein Marketing- oder Design-Praktikant zuviel Drehbühne gefahren. Es geht auch raffinierter, bei Peter Siebenmorgens neuem kleinen Buch „Deutsch sein“ zum Beispiel. Auch hier schreckt man erstmal zusammen, es sieht mit seinem ernsten Schwarz-Rot-Gold- Cover aus wie eine Nachhilfe-Fibel fürs Stark-Deutsch-Rechtsdenken – und ist genau das Gegenteil. Ruhig und klug werden die gängigsten Populisten-Mantras auseinandergenomnen. Was für eine raffinierte Idee! Mehrfarbige Grüsse von ROLF  

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Vom Verschwinden der Medienhäuser

von
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GREETINGS FROM ABBRUCH. Weg, für immer. Eben noch gefürchtet oder gehasst, blendet einen plötzlich riesiger grauer Hamburg-Himmel, wo jahrzehntelang die Axel-Springer-Zentrale die Strasse verdunkelte; Abbruchbagger in Doppelreihen machen die historischen Druckereihallen platt. Ich wusste das nicht und stiess zufällig darauf. Ein trauriges Bild. Kaiser Wilhelm-Strasse, Warburgstrasse, Baumwall: wieviele Journalistengenerationen haben sich an diese Adressen beworben, alles Geschichte. Der frühere Gruner+Jahr-Bau an der Alster steht heute vergessen wie eine Investitionsruine hinter dem Sicherheitszaun des USA-Konsulats, er war den Verlagsmanagern zu klein. Sein Nachfolger am Baumwall ist ihnen inzwischen zu gross. Die neuen Traum-Bewerbungsadressen sind virtuelle. Historisch-sentimentale Grüsse von ROLF

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