Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Rolf - page 10

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Der Konstruktionsfehler von Schauspielern

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GREETINGS VOM WIDERSPRUCH Ein Zufall brachte mich vor ein paar Jahren in einen privaten Kreis rund um einen erfolgreichen Schauspieler. Das war sehr interessant, aber in einem völlig anderen Sinne als erwartet. Denn nach einigen netten Anekdoten aus dem Theater-Fernseh-Film-Metier kam es zu einem merkwürdigen Phänomen: bei anderen Gesprächsthemen, egal ob allgemein-aktuelle oder private, sprach der gute Mann zwar noch mit seiner tollen Mimik und der sonoren Stimme, aber aus seiner berufsgewohnten bigger-than-life-Ausstrahlung entwich von Minute zu Minute die Luft. Es fehlte halbwegs intelligenter Text. Der Schauspieler wirkte plötzlich wie ein teures Instrument mit nicht passenden Tönen, ohne Script konnte der Schauspieler keinen Schauspieler darstellen. Warum ich das erzähle? Weil gerade in Berlin ein Bühnenstück läuft („Quartett“ im Renaissance-Theater), das unter einem noch vertrackteren Phänomen leidet. Das Stück handelt vom leicht melancholischen Alltag früherer Opernsänger, die zusammen in einem Künstler-Altersheim residieren – und den Reiz der Berliner Inszenierung soll ausmachen, dass diese von echten ebenfalls in-die-Jahre-gekommenen Opernstars gespielt werden (der bekannteste ist Rene Kollo). Die…

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Wasserstadt Hamburg

von
GF_Alster

GREETINGS FROM SELBSTBETRUG Zu den Zaubertricks von Hamburg gehört die Art, wie man dort mit dem Wasser umgeht. Moralisch wie strafrechtlich gesehen liegt das zwischen sehr unhanseatischer weil betrügerischer Bilanz und  Konkursverschleppung aus Selbsttäuschung. Einerseits kriegt sich das offizielle Hamburg gar nicht mehr ein vor lauter nassem Eigenlob – Die Stadt im Strom, Der Hafen als Tor zur Welt, Mehr Brücken als Venedig -, das andere Extrem aber merkt man jeden Sommer. Hamburg liegt am Wasser und hat einen grossen aufgestauten See, der bis in die City reicht, aber es gibt in Deutschland wohl keinen geographischen Punkt, der weiter entfernt ist von einer offenen Bademöglichkeit. Nun kann Hamburg ja nicht dafür, daß es bei früheren Eiszeiten naturseemäßig nicht ganz so gut wegkam wie Berlin oder München, wo man sich nach höchstens einer Stunde an einem einladenden Badeufer in die Menschenmenge oder in die Wellen fallen lassen kann. Dass sich aber sogar eine Nur-Noch-Geldstadt wie Zürich eine schwimmende…

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Berliner Mischung

von
GFSchloss2

  GREETINGS VOM NEBENEINANDER  Zum süsssauren Charme von Berlin gehört das aufregende Neben- oder auch Durcheinander von Dingen, welches, wenn man es wollte und plante, so nie hinkriegen würde. Ein fehlender grösserer Flughafen wird Jahr um Jahr nicht fertig, ein nicht ganz so dringendes Schloss, das seinen letzten gekrönten Bewohner 1918 verlor, liegt aber gut im Zeitplan. Mit Glück – oder muss es hier heissen: Pech? – wird es sogar eher wiedereröffnet,  als man mit den Überlegungen fertig ist, was man damit genau anfangen will, an so prominenter Stelle. Bis noch in die 90er stand hier der DDR-Palast-der-Republik, der wegen Asbest erst saniert, dann aber doch abgerissen wurde, während das Westberliner ICC  zwar ebenfalls wegen Asbest stillgelegt werden musste, jetzt aber als Zwischenstation für Flüchtlinge gut genug ist – auch weil man noch nicht weiss, was später mit ihm geschehen soll. Mit Pech – oder muss es hier heissen: Glück?  – muss auch die im Herbst fällige…

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Heisse Luft

von
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GREETINGS VOM WASCHTISCH Zu den Skurrilitäten de Designbusiness zählt die Unlogik, daß jedes Jahr Neuheiten auf den Markt kommen, die niemand braucht. Weil es einfach keine neue Idee gibt, aber trotzdem neue Produkte. Den Nassbereich trifft es fast immer am schlimmsten, was man auf jedem Hotelbesuch zu spüren bekommt. Die Idee, wie aus einem Rohr Wasser kommt und wie man dieses reguliert, ist ja eigentlich ausentwickelt. Einen Griff drehen oder einen Hebel schieben  – ein paar Grundideen haben sich durchgesetzt, und mit Glück trifft man auf nicht allzu sinnlose Varianten davon.  Kann man dazu noch etwas neues erfinden? Ja kann man – und das war meine absolut unerwartete, positive Überraschung des Monats. Ich traf auf sie in einer Restauranttoilette. Aus der Wand über dem Waschbecken ragte nur ein rätselhafter, runenähnlicher Rohrwinkel. Erst eine kleine im Spiegel eingeätzte Grafik wies den Weg: Hände mittig darunter – Wasser läuft. Das gabs schon länger, jetzt kommt das Neue: Hände auseinanderziehen –…

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Lieber hoch als lang!

von
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GREETINGS AUS DEM DOPPELDECKER Aufrecht, zurückhaltend und auch noch smart – das sind nicht unbedingt die ersten Eigenschaften, die einem zu Berlin einfallen, zumindest nicht als Triple. Wenn man aber eine Positiv-Liste Berlins zusammenstellte, stünde damit der gelbe Doppeldecker-Bus der BVG ganz oben. Oder heisst es: vorne? Der zweigeschossige quietschgelbe Bus, ähnlich wie in London eine kaum mehr erkennbare moderne Version der einstigen Pferdeomnibusse mit Zusatzsitzen auf dem Dach, verleiht auch biederen Vorstadtstrassen Metropolenfeeling. Und selbst bei Stau steht man sozusagen auf der Metaebene über allem. Nichts von dem hat sein Konkurrent, der ins unendliche verlängerte Gelenkbus, den Berlin versuchsweise aus Hamburg importiert hat. Er ist einfach nur lang. Und den können die Hamburger gerne behalten. Im letzten Jahr bin ich dort sogar mal in einen dreigliedrigen Bus geraten: wenn ich mich richtig erinnere, konnte man an der Oper ein- und am Dammtor wieder aussteigen, ohne dass er losgefahren war. Dies allerdings hätte eine Idee aus Berlin sein können!  Nahverkehrs-Grüsse…

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