Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Forms - page 12

Vom hygienischen Fortschritt

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GREETINGS VOM PORZELLAN Achtung, Achtung, eine Weltexclusivgeschichte aus der High-Tech-Stylewelt. Neulich bei einem meiner nostalgischen Redaktionsbesuche. Kaffee gabs – in einer expressionistischen Tasse, die mir bekannt vorkam, obwohl ganz neu, vom Frühjahr 2015. Was ja in Redaktionen schon mal nicht selbstverständlich ist. Meist findet man in der Teeküche eher Becherstapel mit Aufschrften wie „Cuba“, „TUI-FLY“, „RTL“ oder „Teekampagne 1992“ – Beweise journalistisch-umweltbewusster Nachhaltigkeit, die erst schwächer wurde, seit Redaktionen zur Verschlankung einmal pro Jahr umziehen. Der Becher also: feinstes Porzellan mit etwas übertrieben geschwungenem Henkelband und einem Werbeaufdruck „ISH 2015“ – was bewies, dass die Redaktion ihre Reakteure immerhin noch Reisen nach Frankurt ermöglichte, zur weltgrössten Sanitärmesse. Womit ich, hier zum erstenmal öffentlich gemacht, bei meiner geheim-privaten Sammlung bin: „Fragen aus meinem Leben, die ich besser nie gestellt hätte“. Eine der folgenschwersten betraf nämlich jene Firma – ich muss den Namen verschweigen, warum, wird der Leser am Ende verstehen – jene Firma, die als einer der…

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Bänke in Ketten

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  GREETINGS AUS OLDENBURG Nolde kam nur bis Oldenburg. Diesen wunderbaren Satz hat der Emder Henri Nannen gesagt, der gleiche, der sein Leben lang gesagt hat, er hätte den Stern erfunden. Und, so las ich neulich nochmal im Stern: das bleibt auch so. Was kann ein Nannen dafür, daß es in den dunkeln 40ern schonmal ein verdammt ähnlich aussehendes Blatt gab und sich frecherweise auch schon Stern nannte.  Oldenburg also, gilt ausserhalb von Oldenburg wegen seiner Ostfriesland-Umgebung ein wenig als provinziell, ist aber in Wirklichkeit eine sehr lebens- und liebenswerte Stadt. Wenn es so etwas wie eine Schnell-Checkliste für Lebensqualität in Deutschland gibt, dann wäre meine persönliche so: Städte mit unter 1 Mio Einwohnern, die sowohl Residenzstadt waren, Unistädte sind und nicht allzusehr zerbombt wurden – all das zusammen macht ziemlich wahrscheinlich schon eine recht sympathische Alltagsmischung aus Grün-, Kultur- und Gastro-Angebot aus.  All dies gilt für eine Stadt wie Oldenburg. Stutzig…

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Goodbye, verrückte Männer

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GREETINGS FROM MAD MEN Jetzt ist’s also endgültig aus mit Don Drapers immer wieder verlängerten Agenturabenteuern aus der Madison Avenue. Und wenn ich aus ihnen eines gelernt habe, dann daß in Sachen Abschied-Von den-Guten-Alten-Allmachtsphantasien-Zeiten die Werber den Journalisten ja eigentlich nur vorausgegangen sind. Aber schön wars doch. Mein letzter Chefredakteur hatte sich seine Bürotür noch blaugrau streichen und seinen Namen in Versalien darauf setzen lassen wie der charismatische Fernsehwerber. Hat auch ein paar Jahre super funktioniert. Blöd nur, daß jetzt sogar das ganze Redaktionshaus verkauft werden soll, inclusive stylischer Madison-Avenue-Tür – schöpferische Zerstörung. Werbe-Grüsse sendet ROLF

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Es war nicht alles schlecht

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EsWarNichtAllesSchlecht

GRRETINGS VOM FORTSCHRITT Wie relativ doch alles ist. Sieht das wunderschön streng-gerasterte Haus oben nicht aus wie eines der ganz neuen wunderbaren Bürohäuser rund um den Berliner Hauptbahnhof aus den 10er-Weltstadt-Boomjahren des 21. Jahrhunderts?  In Wirklichkeit sehen wie hier einen späten Sieg des Sozialismus. „Überholen ohne einzuholen“ wollte der ja den Kapitalismus. Und er hat’s  ja teilweise geschafft, nur hatte er es selbst nicht gemerkt. Denn das Bild oben zeigt das Außenministerium der DDR, 1964 von Nationalpreisträger Josef Kaiser entworfen, 30 Jahre später wie auch der gegenüberliegende „Palast der Republik“ abgerissen. Was sagt uns das? Pech gehabt, bestraft vom Leben: gestalterisch kam der Bau 50 Jahre zu früh – und er stand zwei Kilometer zu weit östlich. Ost-West-Grüsse sendet ROLF  

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Es war nicht alles gut

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GREETINGS VON DER SCHLANGE Alle wollten das Beste, aber leider, leider hat’s nicht geklappt. Nachdem 1989 die Mauer fiel, war die 400 meter lange   „Nutheschlange“ das erste westliche Immobilienprojekt in Berlins wiedergewonnem Umland. Ein Wohnriegel in Potsdam-Babelsberg, wie man ihn in der DDR-, aber auch in Westberlin noch nie gesehen hatte. Kein Plattenbau (weder östlicher noch westlicher Tradition – wenn man ehrlich ist, unterscheiden sich ja manche 70er und 80er Westgrosssiedlungen sowie kaum von ihren tristen VEB-Brüdern), sondern eine extrem individualistische Zusammenfügung von allem, was Geometrie- und Grafik-Baukasten hergeben: Vorsprünge und Ausbuchtungen, geschwungene Dächer, verglaste Übergänge. Architekt war der Westberliner Hinrich Baller, der entlang einer Schnellstrasse eine Phantasielandschaft modellierte aus Reihen-Hochhaus, eingeschobenen Hügeln, Terrassengärten, Laubengängen, begrünten Parkhauskellern und über einen künstlichen Bach hochgestelzten Einzelhäusern. Sowas gab’s noch nie und alle staunten: So schön, so menschenfreundlich kann der Westen bauen? Wohl leider doch nicht, wie sich heute zeigt, denn das Prestige-Projekt aus der ersten Wendeeuphorie entwickelt sich für den Inhaber, die kommunale Wohnungsgesellschaft, zu…

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