Inspektionsreisen durch die Stilwelt

Monthly archive

Juni 2016

Der Konstruktionsfehler von Schauspielern

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GREETINGS VOM WIDERSPRUCH Ein Zufall brachte mich vor ein paar Jahren in einen privaten Kreis rund um einen erfolgreichen Schauspieler. Das war sehr interessant, aber in einem völlig anderen Sinne als erwartet. Denn nach einigen netten Anekdoten aus dem Theater-Fernseh-Film-Metier kam es zu einem merkwürdigen Phänomen: bei anderen Gesprächsthemen, egal ob allgemein-aktuelle oder private, sprach der gute Mann zwar noch mit seiner tollen Mimik und der sonoren Stimme, aber aus seiner berufsgewohnten bigger-than-life-Ausstrahlung entwich von Minute zu Minute die Luft. Es fehlte halbwegs intelligenter Text. Der Schauspieler wirkte plötzlich wie ein teures Instrument mit nicht passenden Tönen, ohne Script konnte der Schauspieler keinen Schauspieler darstellen. Warum ich das erzähle? Weil gerade in Berlin ein Bühnenstück läuft („Quartett“ im Renaissance-Theater), das unter einem noch vertrackteren Phänomen leidet. Das Stück handelt vom leicht melancholischen Alltag früherer Opernsänger, die zusammen in einem Künstler-Altersheim residieren – und den Reiz der Berliner Inszenierung soll ausmachen, dass diese von echten ebenfalls in-die-Jahre-gekommenen Opernstars gespielt werden (der bekannteste ist Rene Kollo). Die…

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Safety first

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GREETINGS FROM TOLQUHON Den Namen, von wo diese Grüsse kommen, muss man sich nicht inbedingt merken, ist ja sowieso unaussprechlich. Jedenfalls für nichtschottische Zungen. Und wenn ihn schottische Zungen aussprechen, wird man das Gesagte kaum mit dieser Buchstabenfolge in Verbindung bringen. Beachtenswert ist der Ort aber trotzdem, es handet sich um eine Burg. Genauer gesagt, eine hübsche Ruine, ein halbes Stündchen nördlich von Aberdeen. Das Castle liess sich ein gewisser William Forbes errichten, nicht nur, um hier mit seinen Gästen zünftige Feste zu feiern, sondern, weshalb Burgen ja in erster Linie errichtet werden, um sich wehrhaft dem Feind entgegenzustellen. Ein durchaus solides Bauwerk wurde das Tolquhon Castle. Am Architekten lag es nicht, dass das Bauwerk in gewisser Hinsicht als Flop in die Geschichte eingegangen ist. Ihrer eigentlichen Bestimmung kam sie nie nach. gegen Belagerungen musste sie sich nie erwehren. Überhaupt hatte sie mit Kampfhandlungen nichts zu tun. Das lag aber nicht…

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Wasserstadt Hamburg

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GF_Alster

GREETINGS FROM SELBSTBETRUG Zu den Zaubertricks von Hamburg gehört die Art, wie man dort mit dem Wasser umgeht. Moralisch wie strafrechtlich gesehen liegt das zwischen sehr unhanseatischer weil betrügerischer Bilanz und  Konkursverschleppung aus Selbsttäuschung. Einerseits kriegt sich das offizielle Hamburg gar nicht mehr ein vor lauter nassem Eigenlob – Die Stadt im Strom, Der Hafen als Tor zur Welt, Mehr Brücken als Venedig -, das andere Extrem aber merkt man jeden Sommer. Hamburg liegt am Wasser und hat einen grossen aufgestauten See, der bis in die City reicht, aber es gibt in Deutschland wohl keinen geographischen Punkt, der weiter entfernt ist von einer offenen Bademöglichkeit. Nun kann Hamburg ja nicht dafür, daß es bei früheren Eiszeiten naturseemäßig nicht ganz so gut wegkam wie Berlin oder München, wo man sich nach höchstens einer Stunde an einem einladenden Badeufer in die Menschenmenge oder in die Wellen fallen lassen kann. Dass sich aber sogar eine Nur-Noch-Geldstadt wie Zürich eine schwimmende…

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Kreativ zur Kohle

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GREETINGS FROM STRASSENRAND In meiner Jugend habe ich mal, ich glaube, es war im legendären „Playboy-Berater“, natürlich der Hauptgrund, warum ich mir hin und wieder diese Zeitschrift zugelegt habe, die Lebensweisheit aufgeschnappt: „Trinkgeld gebe man entweder zum Bestechen oder zum Belohnen“. Das klang mir einleuchtend, ich habe mich aber dann doch nicht dran gehalten und gebe es eigentlich immer, auch wenn manchmal ganz und gar ungerechtfertigt. Ich meine, im gleichen Kontext wurde damals auch postuliert, Bettlern nur dann etwas zu geben, wenn sie dafür etwas anbieten, etwas aufführen zum Beispiel. Auch das fand ich eigentlich nachvollziehbar, halte mich aber ebensowenig dran und gebe mal ‚was und mal nix, ohne ersichtliches Konzept. Seit einiger Zeit bemerke ich aber einen Trend im Bettlerwesen, der mich zum Schmunzeln bringt und deshalb von mir gern monetär belohnt wird. Neulich sah ich in Hannover eine Art kleiner Installation, die mir hinsichtlich Originalität und Ehrlichkeit (und Bedienen…

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Wasserspiele

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GREETINGS AUS DEN TROPEN Dass das Wetter in Hamburg bisweilen zu einer, sagen wir mal, erhöhten Luftfeuchtigkeit neigt, die sich in etwa 105 verschiedenen Arten von Regen niederschlägt, kann man ja wohl als bekannt und unwidersprochen voraussetzen. Dieser Sommer hat aber noch ein weiteres Phänomen in dieser Kategorie hervorgebracht, das selbst hartgesottenen Hanseaten ein Staunen ins Gesicht zauberte. Den Starkregen. Ich rede jetzt nicht von Starkregen, wie ihn vielleicht gerade zu Besuch weilende Potsdamer auch kennen könnten. Sondern von Richtigstarkregen. Etwa der Art, dass man sich ernsthaft überlegt, ob man nicht doch besser beizeiten mit dem Bau eines grossen Holzbootes hätte beginnen sollen. Die Regen kommen, wie es sich für eine Stadt in den Tropen gehört, nachmittags pünktlich so gegen fünf. (Ich weiss, in den Tropen ist eher vier Uhr die Zeit des grossen Gusses, aber Hamburg ist in dieser Klimazone ja noch ein Neuankömmling und hat die Integration vor allem…

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