Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Arts - page 7

Das vergessene Olympia-Dorf

von
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GREETINGS FROM BERLIN ’36 Hitlers Sommermärchen nennen jetzt Feuilletonisten ziemlich präzise die 1936er Olympiade in Berlin, die vor 80 Jahren als grosse Propagandaschau Nazideutschlands begann. Selbst in Berlin wissen die wenigsten, dass am Stadtrand das „Olympische Dorf“, in dem die Athleten schliefen, immer noch existiert. Die Schwimmhalle steht noch, die Turnhalle, vor allem aber der grosse Speisesaal, der mit seiner Rundarchitektur an das Olympiastadion erinnert – vom gleichen Architekten Werner March geplant. Über der weitläufigen Anlage mit den Schlafpavillons im Heimatstil liegt heute aber eher eine militärische denn eine sportliche Stimmung. Zwar bedienten damals Hapag-Stewards die Olympiagäste, Max Schmeling kam zu Besuch und die Berliner Philharmoniker spielten Konzerte, doch die 4000 Sportler waren hier, ohne dass sie es wussten, Gäste des Reichsswehrministeriums, das das Areal nach der Olympiade als Kaserne weiternutzte. Und die Russen taten nach 1945 dasselbe. Über den grossen Flügeltüren des Speisesaals sind noch heute Runen mit martialischen NS-Parolen zu lesen, die mit den so oft beschworenen heiteren Spielen nicht recht…

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Neues Bauen

von
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GREETINGS AUS SCHLESIEN Man kann aus vielen Gründen nach Wroclaw fahren, in die diesjährige Kulturhauptstadt Europas. Das Tourismusetikett brachte der bis 1945 deutschen und heute polnischen Stadt einige neue Architektur, etwa eine Musikhalle – beeindruckender weil seltener aber fand ich gut erhaltene 20er-Jahre-Kaufhäuser des Neuen Bauens. Lange Jahre war die Stadt nur ein Propaganda-Sehnsuchtsziel von Vertriebenenverbänden, die ihr Vorkriegs-Breslau nicht vergessen konnten. Wer dachte, dass sich der organisierte Deutsch-Schlesienkult nach verlorenem Angriffskrieg, Ostverträgen, Wiedervereinigung und banal-statistischer Sterbetafel irgendwann erledigt hat, darf sich nicht den Youtubefilm anschauen, auf dem Heino das Schlesierlied in der Jahrhunderthalle singt – was sich irgendwie anfühlt wie ein ganz fieser Politik-Porno-Clip. Schnell ein anderes Video: Wie man es vor gut 100 Jahren geschafft hat, die auch heute noch imponierende Halle zu bauen – mit amerikanischen Techniken, die an die Errichtung eines Zirkuszeltes erinnern. Ist irgendwie konstruktiver. Aufbaugrüsse sendet ROLF

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Geheim: Eine Markthalle an der Alster

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GREETINGS AUS DER MALL Mit seinem Glas-Optimismus hat Hadi Teherani dem steinernen Hamburg lange Jahre sehr gut getan. Man tut dem Architekten aber wohl kein Unrecht, wenn man sagt: die Europapassage an der Binnenalster (Baujahr 2006) gehört nicht zu seinen stärksten Stücken. Die Shoppingmall an der teuersten Stelle Hamburgs wirkt eigenartig provinziell, von außen scheint sie falsch proportioniert, von innen viel zu unruhig – trotz des markanten, klaren Bogen-Signets. Aber auch in ästhetischen Straftaten gibt es Verjährungen und ich erzähle hier nur noch deshalb einmal davon, weil ich gerade am Oderufer in Breslau – das heute polnisch ist und Wroclaw heisst – so etwas wie das bewusste oder unbewusste Vorbild gesehen habe: die alte Markthalle von 1906. Dagegen fällt die Hamburger doch noch einmal deutlich ab und man kommt ins Grübeln. Wenn die ältere Architektur jünger wirkt als die jüngere und die jüngere älter als die ältere, muss wohl irgendwo etwas schiefgelaufen sein… Grüsse von gestern sendet ROLF

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Der Konstruktionsfehler von Schauspielern

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GREETINGS VOM WIDERSPRUCH Ein Zufall brachte mich vor ein paar Jahren in einen privaten Kreis rund um einen erfolgreichen Schauspieler. Das war sehr interessant, aber in einem völlig anderen Sinne als erwartet. Denn nach einigen netten Anekdoten aus dem Theater-Fernseh-Film-Metier kam es zu einem merkwürdigen Phänomen: bei anderen Gesprächsthemen, egal ob allgemein-aktuelle oder private, sprach der gute Mann zwar noch mit seiner tollen Mimik und der sonoren Stimme, aber aus seiner berufsgewohnten bigger-than-life-Ausstrahlung entwich von Minute zu Minute die Luft. Es fehlte halbwegs intelligenter Text. Der Schauspieler wirkte plötzlich wie ein teures Instrument mit nicht passenden Tönen, ohne Script konnte der Schauspieler keinen Schauspieler darstellen. Warum ich das erzähle? Weil gerade in Berlin ein Bühnenstück läuft („Quartett“ im Renaissance-Theater), das unter einem noch vertrackteren Phänomen leidet. Das Stück handelt vom leicht melancholischen Alltag früherer Opernsänger, die zusammen in einem Künstler-Altersheim residieren – und den Reiz der Berliner Inszenierung soll ausmachen, dass diese von echten ebenfalls in-die-Jahre-gekommenen Opernstars gespielt werden (der bekannteste ist Rene Kollo). Die…

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Berliner Mischung

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GFSchloss2

  GREETINGS VOM NEBENEINANDER  Zum süsssauren Charme von Berlin gehört das aufregende Neben- oder auch Durcheinander von Dingen, welches, wenn man es wollte und plante, so nie hinkriegen würde. Ein fehlender grösserer Flughafen wird Jahr um Jahr nicht fertig, ein nicht ganz so dringendes Schloss, das seinen letzten gekrönten Bewohner 1918 verlor, liegt aber gut im Zeitplan. Mit Glück – oder muss es hier heissen: Pech? – wird es sogar eher wiedereröffnet,  als man mit den Überlegungen fertig ist, was man damit genau anfangen will, an so prominenter Stelle. Bis noch in die 90er stand hier der DDR-Palast-der-Republik, der wegen Asbest erst saniert, dann aber doch abgerissen wurde, während das Westberliner ICC  zwar ebenfalls wegen Asbest stillgelegt werden musste, jetzt aber als Zwischenstation für Flüchtlinge gut genug ist – auch weil man noch nicht weiss, was später mit ihm geschehen soll. Mit Pech – oder muss es hier heissen: Glück?  – muss auch die im Herbst fällige…

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