Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Kinosterben

von
Nachos

GREETINGS AUS DEM CINEMA Neulich im Kino, genauer, in kleinen Saal eines großen Multiplex-Tempels. Der Film wird gerade leise, romantisch. Plötzlich ein ohrenzerfetzendes Krachen hinter mir, was ist das?! Und woher kommt dieser undefinierbare, leicht stinkende Geruch, der durch den Saal schwebt?! Eine Panne in der Klimaanlage, ein Attentat mit Giftgas? Nö, die Reihe hinter mir genießt Nachos mit warmer Käsesosse. Gab’s vorne am Tresen. Mir wird ein bisschen übel und die Stimmung des Films hat keine Chance mehr. Über den grossfleckigen Teppich in der lärmenden Eingangshalle hatte ich mich nur gewundert, über die absurd großen Cola- und Popcorn-Eimer (die sich nur noch mit beiden Händen halten lassen, was zu abenteuerlichen Verrenkungsszenen beim Kartenabreissen führt) gegrinst. Die Folgen im Kinosaal finde ich nicht mehr lustig, nicht wegen kulturkritisch-theoretischer Bedenken, sondern ganz praktisch: es killt die Atmosphäre. Denn was macht das besondere Erlebnis, den Unterschied zwischen Fernsehen und Kino aus, was lässt…

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Falsche Fünfziger

von
Fünfziger

GREETINGS VON GESTERN Nein, jetzt keine Klage, daß alle Möbelneuheiten und alle Wohnmagazinseiten so aussehen, als stammten sie aus einem Instagram- oder Hipstamaticfoto. Okay, verstanden: Im Moment ist also das Gestern das neue Morgen, mehr positive Zukunftsbilder gibt’s grad’ nicht. Auch dass jede Menge neue alte Möbel entworfen werden (also von heutigen Designern im Geist und aus dem Formenbaukasten von damals), muss man wohl akzeptieren, ist marktmässig und mangels neuer Ideen konsequent. Mehr Respekt habe ich allerdings vor Firmen wie Gubi aus Kopenhagen, die mit Akribie echte vergessene Schätze der 50er ausgraben. Oder vor Molteni, die sich mit und um die Erschliessung von Gio Pontis Werk verdient macht und dabei auch noch einen Coup landet. Denn Ponti war zeitlebens ein Cassina-Designer, sogar der wichtigste und erste – aber im Cassina–Firmengeflecht hat man vor lauter Le Corbusier-Re-Editionen seinen eigenen Maestro übersehen und sich sein Archiv von Francesca Molteni wegschnappen lassen. Schon dafür…

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Mehr Chipperfield, bitte!

von
ChipperfieldNeu

GREETINGS FROM BERLIN Wo bin ich? In Potsdam? In Mussolinis EUR-Viertel? Durch Zufall, nur weil der Hund nicht gleich wieder ins Hotel sollte, stehe ich plötzlich vor diesem fremden, neuen alten Haus am Spreeufer – ein Würfel aus dunkelgelbem Stein, durchlöchert von Rundbögen. Wollte ich mir sowieso anschauen, ihn aber unerwartet zu sehen, ist noch reizvoller – der neue Chipperfield. Steht da, als sei er schon immer dagewesen, hätte gar nicht anders oder woanders sein können – und ist doch neuestes, clever kalkuliertes Werbe-Signet, westlichster Eckpunkt eines kommerziellen Umbauprojektes („Forum Museumsinsel“). Gegenüber dem  Bodemuseum soll hier aus acht früher offiziösen Gebäuden – vom Telegrafenamt bis zum Frauenhospital – ein gigantischer Komplex mit vielen Shops und ganz wenigen Wohnungen werden, Triple-A Lage. Sowas sehen Immobilienentwickler – oder Masterplan-Architekten wie Chipperfield, der schon auf der anderen Seite seines Museumsinsel-Projekts ein sehr reizvolles privates Galerie-Eckhaus platziert hat. Nicht zum Schaden Berlins; wenn doch nur…

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Goodbye Jony

von
IOS

GREETINGS TO CUPERTINO Lieber Apple-Freund mit den guten Augen, den minikleinen Fingerspitzen, dem schlechten Geschmackdächtnis und Deiner Begeisterung für die neue IOS-Optik: Nein, nein, nein! Enttäusche Liebe ist ja immer besonders intensiv. Ich halte Jonathan Ive für den bisher wichtigsten Designer des 21. Jahrhunderts. Aber was er hier abgeliefert hat, ist tragisch. Welch’ eine Carte Blanche, Hard- und Software aus einer Hand gestalten zu dürfen – und welch’ eine versemmelte Chance. IOS 7 sieht aus, als sei Sir Ive nicht fertig geworden oder als kämpften immer noch zwei verfeindete Lager (um ihn herum oder in ihm drin) um die Führung: die elegant-feine und die Teletubbies-Manga-Fraktion. Dazu noch die Anmaßung, optische Bezüge aus dem echten Leben (Notizblock, Kalender) zu verbannen und dafür sinnlose, rätselhafte neue Symbole einzuführen. Übrigens hat Otl Aicher 1972 bei den Münchner Olympia-Piktogrammen vorgemacht, daß Bilderbuch-bunt und elegant & klar sogar zusammengehen können. Da ist Ive in der Designbibliothek nach der…

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