Inspektionsreisen durch die Stilwelt

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Walls - page 8

Heisse Luft

von
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GREETINGS VOM WASCHTISCH Zu den Skurrilitäten de Designbusiness zählt die Unlogik, daß jedes Jahr Neuheiten auf den Markt kommen, die niemand braucht. Weil es einfach keine neue Idee gibt, aber trotzdem neue Produkte. Den Nassbereich trifft es fast immer am schlimmsten, was man auf jedem Hotelbesuch zu spüren bekommt. Die Idee, wie aus einem Rohr Wasser kommt und wie man dieses reguliert, ist ja eigentlich ausentwickelt. Einen Griff drehen oder einen Hebel schieben  – ein paar Grundideen haben sich durchgesetzt, und mit Glück trifft man auf nicht allzu sinnlose Varianten davon.  Kann man dazu noch etwas neues erfinden? Ja kann man – und das war meine absolut unerwartete, positive Überraschung des Monats. Ich traf auf sie in einer Restauranttoilette. Aus der Wand über dem Waschbecken ragte nur ein rätselhafter, runenähnlicher Rohrwinkel. Erst eine kleine im Spiegel eingeätzte Grafik wies den Weg: Hände mittig darunter – Wasser läuft. Das gabs schon länger, jetzt kommt das Neue: Hände auseinanderziehen –…

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Small Talk

von
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GREETINGS FROM VENEDIG Ankommen in Venedig ist immer schön. Allein schon der Blick aus dem Flugzeug. Heute beginnen die Pressetage für die Architektur-Biennale. Warten auf ein Wassertaxi. Neben mir ein weisshaariger Herr, zwischen uns eine Hostess vom Sponsor des Events. Er dreht sich zwecks Kontaktaufnahme zu mir. Ich komme ihm zuvor. Es entspinnt sich ein very small talk. Ich: „Hello, I’m Jan. From Hamburg.“ Er: „I’m David from London.“ Ich: „Nice to meet you, Mister Chipperfield.“ Ok, erst auf den zweiten Blick erkannt. Und mit zwei Hilfen. Wer rechnet denn auch damit? Bin fasziniert von der Architektur-Prominenz neben mir. Als ich wieder zu mir komme, ist sein Taxi schon weg. wie man sieht. Es grüsst JAN  

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Hamburg-Berlin Eins zu Null

von
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GREETINGS NACH HAMBURG Lieber Stylefreund Jan, erinnerst Du Dich, wie wir bei unserer letzten Greetings-From-Autorenversammlung versucht haben, die Liste der neueren architektonischen Hamburger Highlights zu ordnen? Und wir sehr schnell in eine Art stotterndes Schweigen kamen,  aus dem uns selbst unser Helmut-Schmidt-ähnlich verehrter Lebenskunst- und Bausachverständige Heiner nicht mehr heraushelfen konnte? Oft sieht man ja aber Dinge nicht, weil man zu nahe dran ist. Und ich glaube, eines der unverdient von den Hamburgern übersehenen neueren Bauten ist der ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) schräg hinterm Hauptbahnhof. Klar, ist eine andere Klientel und eine andere Richtung als die so ärgerlich immer so verstopfte Autobahn nach Sylt. Aber gestalterisch First-Class und für Euch Hamburger unüblich mal weder von GMP noch von Teherani, sondern vom mir bis dahin unbekannten Büro ASW Architekten. Gegen Eure  300 qm-Glasdachsichel auf theatralischen elf Meter (vielleicht etwas zu) hohen Säulen sieht der Berliner ZOB aus wie die Fahrbereitschaft eines östlichen in die Jahre gekommenen Flatrate-Bordells. Im Hamburg-Berlin Vergleich also erstmal ein verdientes und eindeutiges…

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Bauhaus für alle

von
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GREETINGS AUS DER MUSTERSIEDLUNG. Zwölf Uhr mittags, vielleicht auch halb eins, kein Mensch auf der Strasse. Nicht mal Japaner, die sonst hier mir ihren Architekturführern entlangtrotten, Stichwort „Bauhaussiedlung Dessau-Törten“. Gropius versuchte hier in den Zwanziger Jahren, erstmals Ideen aus der amerikanischen Ford-Fliessband-Produktion beim Hausbau einzusetzen: vor Ort gegossene Stahlbetonbalken und ein auf Schienen weiterlaufender Baukran schafften so 133 Häuser in 88 Tagen. Eine Hauseinheit  also rechnerisch in weniger als einem Tag. Das war Rekord – aber auch Grund für massive Baumängel. Den Ruf macht bis heute aber ohnehin eher die Gestaltung und die Philosophie aus: weissgeschlämmte Fassaden, Flachdächer,  Splitlevel, stahlgefasste Fensterbänder unter der Decke – man brauchte keine Gardinen, konnte aber im Sitzen nicht den Himmel sehen; zur billigen Hypothek spendierte die Stadt Dessau zusätzlich ein Schwein pro Hauseinheit  für den riesigen Selbstverorgungsgarten. Bestes sozialdemokratisches Allen-Soll-Es-Besser-Gehen und Mit-Uns-Zieht-Die-Neue-Zeit. Allzuviel Zeit aber war beidem nicht vergönnt. Die Nazis hassten die Flachdachmoderne, die DDR-Sozialisten das Individuelle. Und heute? Fasziniert die Anlage noch immer, trotz vieler scheusslicher Umbauten. Eine eigenartige…

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Das Geld kommt zurück

von
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  GREETINGS VOM KUDAMM Wo anfangen? An der Gedächtniskirche, die gerade mit zwei flankierenden Skycrapern als Deutschlands Time-Square neu inszeniert wird? Oder noch vorher, wie einige Geschäftsleute wollen und ihre nicht ganz so merkfähige Strasse „Tauentzien“ bis zurück zum KADEWE ebenfalls gerne „Kurfürstendamm“ nennen würden? Politisch abgelehnt. Noch. Obwohl es hinterm Hauptbahnhof doch schon einen Präzedenzfall gibt, in dem hunderte Immobilien, die im Bebauungsplan am öden „Spandauer Schifffahrtskanal“ projektiert wurden, sich jetzt mit „Spree“-Adresse vermarkten dürfen – allein durch die schlichte Umbenennung der Wasserrinne. Der Ku’damm also, immer schon war er Spekulationsadresse, Vorbild war der Pariser Champs d’Elysées und am Anfang stand ein ziemlich cleverer Deal, den Bismarck eingefädelt hatte: Ein Deutsche-Bank-Konsortium finanzierte den Ausbau des Boulevards und bekam dafür die Lizenz zur Gründung der Villenkolonie Grunewald. Der Kurfürstendamm kannte eigentlich nur Hochkonjunktur, bis passierte, womit wohl niemand mehr gerechnet hatte: Mauerfall, Wiedervereinigung – und plötzlich wollte alle Welt -und also auch alles Geld- nach Ost-Berlin, das sich wieder Mitte nennen durfte.…

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