Inspektionsreisen durch die Stilwelt

Monthly archive

August 2016

Is mir egal

von
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GREETINGS FROM BERLINER WAHLKAMPF Glück gehabt, ich bin kein Berliner. Ich muss nicht Ende September wählen, 600 Meter Fußweg zur Glienicker Brücke und damit zur Hauptstadtgrenze ersparen mir eine grosse Verlegenheit. Es ist nämlich so: Als Demokrat muss man natürlich wählen, aber die Berliner haben es in den letzten Jahren tatsächlich geschafft, daß mit keinem möglichen Wahlergebnis eine Verbesserung der mediokren Regierungs- und Verwaltungspraxis zu erwarten ist. Das muss man in einer Stadt, die grosse Bürgermeister wie Ernst Reuter, Willy Brandt und als Import Richard von Weizsäcker hatte, erstmal hinkriegen . Wenns nicht so zynisch und in unübersichtlichen Zeiten auch gefährlich wäre, kann man sagen: Die Stadt bekommt die Regierung, die sie verdient. Klingt übertrieben? Nicht, wenn man sieht, mit welchem Maso-Sarkasmus sich sogar die landeseigene Verkehrsgesellschaft an die gefühlte Stadtstimmung anschleimt: Is mir egal! Angucken lohnt, für Außenstehende gibts kaum eine kompaktere  Einführung ins Neu-Berlinerische, aber so komisch, wie er tut, ist der Werbeclip nicht: Wie soll…

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Pack die Badehose aus

von
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GREETINGS FROM WANNSEE  Zu heiss, zu voll, zu laut – perfekt!  Wo sollte man an einem Augusttag lieber sein als hier im Strandbad? Von Berlin liest und schreibt man ja gerne, was alles nicht klappt. Geht auch. Wer zum Beispiel als Neuberliner oder Tourist voller Badevorfreude zur Bahnstation Wannsee fährt, hat schonmal den ersten Fehler gemacht: Laufzeit von hier noch 30 Minuten, also länger als die Zugfahrt aus der City, und bepackt mit leichtem Strandgepäck gefühlt anderthalb Stunden (Berliner Logik: Die richtige Station fürs Strandbad Wannsee heisst Nikolassee). Und wer mit dem Auto kommen will, kann gleich umkehren, Parkplätze gibts nur im Winter. Wer es aber irgendwie hier raus an den Südwestzipfel des Grunewalds geschafft und den neuen eher symbolischen Taschensecuritycheck überstanden hat, wird sofort belohnt. Lange Steintreppen führen aus dem Wald hinab in eine Bucht, die wie ein Amphitheater vor einem liegt, spektakulär öffnet sich von Promenaden und Laubengängen der Blick  über Wasser und Himmel. Zeigte man das Ensemble (Baujahr 1928) außer-europäischen Architekturanalytikern, würden viele…

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Vorsicht blond!

von

GREETINGS FROM HAARDESIGN  Viele Menschen tragen ihre Gesinnung oder Herkunft gut sichtbar nach außen. Überzeugte Öko-Aktivisten erkennt man leicht, Nazis an ihren Glatzen und Springerstiefeln, es gibt die Poser und die Prahler, die mit fetten Autos und übertrieben gelabelt durch die Gegend stolzieren, Sprösse von Adligen, die komischerweise zu an die 99 Prozent nach hinten gegelte Volahiku-Frisuren tragen. Eventuell ist letztere Beobachtung ein wenig subjektiv wahrgenommen und die Zahl nicht hundertprozentig verifizierbar. Wer sich bisher einer offensichtlichen Enttarnung entzogen hatte, ist die unsägliche Gruppe der Populisten, Angstmacher und Menschenverächter. Sobald sie den Mund aufmachen, ist es klar. Aber von weitem? Das Magazin „Stern“ hat jetzt ein eigentlich ganz offensichtliches Erkennungsmerkmal nachgewiesen und eindrucksvoll dargestellt. Na klar – an ihren idiotischen Frisuren erkennt man sie. Und an ihren aufgedunsenen Fratzen. Jedenfalls drei der schlimmsten: Geert Wilders, Boris „Brexit“ Johnson und das Grauen schlechthin: Donald Trump. Warum mir das nicht schon vorher bewusst war, kann…

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Journalistisches Hoch im Sommerloch

von
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GREETINGS AN SPON Es gibt mehrfachen Anlass für eine Presseschau, also hier Teil 1, wenn es in diesem Fall auch korrekter MEdienschau heissen müsste. Die Internet-Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, Spiegel online, von Eingeweihten und vor allem Dauer-Wichtigtuern im Forum „SPON“ genannt, ist normalerweise nicht gerade eine Fundgrube journalistischer Juwelen. Höchstens für die Kollegen der Hamburger Morgenpost (Mopo), die sich offensichtlich mittlerweile darauf beschränken, ihr Blättchen als gedruckte Ausgabe des SPON mit circa zweitägiger Verzögerung ihren Lesern unterzujubeln. Mangels ernsthafter Konkurrenz riskieren jedoch auch Nicht-Mopo-Redakteure wie ich immer mal wieder einen Blick im Schnelldurchlauf auf die oft merkwürdige Auswahl, die SPON für die angeblich gerade interessantesten Themen hält und mit mehr oder weniger (meist letzteres) originellen Titeln und Texten versieht. Aber einmal hat die fleißige Redaktion wirklich eine Glanzleistung abgeliefert. Letzte Woche war das, das haben sie in einer ebenso originellen wie treffenden Titelzeile den Sommer zusammengefasst. „Januar, Februar, März, April, April,…

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Designer: Stärker als der Tod

von
GF_DesignerEsslinger

GREETINGS FROM DENKMALPFLEGE Interviews mit Designern sind tricky. Entweder erzählen sie zu viel oder zu wenig; die einen schweigen, um sich interessanter zu machen, die anderen reden unstopable über alles mögliche, und das um so lieber, je weiter es von ihrer Alltagsarbeit wegführt. Philippe Starck etwa hat die gesamten 90er und auch noch die Nullerjahre damit verbracht, seine Design-Neuversionen des Immergleichen mit einem einzigen Gedanken zu begleiten: Er sei dafür, dass nicht mehr soviel konsumiert wird. Weil davon inzwischen die Archive überquellen, musste er jetzt für das SZ-Magazin nochmal etwas Koketterie und Exhibitionismus nachlegen: Ich bin autistisch veranlagt. Ich empfinde meine Kreativität als eine Art Krankheit.Ich weiss nicht wohin ich gehöre. Mein Gehirn macht die ganze Zeit Schroonk, Schroonk… Sowas versaut die Maßstäbe. Piero Lissoni etwa, bisher in Interviews eher charmant-cool, versucht im österreichischen Standard rhetorisch aufzuholen: Ich bin ein fauler Mensch. Ich habe beschlossen, den Komfort hintanzustellen und nur noch unbequeme Möbel zu entwerfen. Sobald…

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