Inspektionsreisen durch die Stilwelt

Tag archive

Berlin - page 9

greetings vom Hamburger Bahnhof

von
IMG_0985

GENUSS- UND KUNSTVOLLE LEERE Von Massenaufläufen und Publikumsanstürmen ist im Berliner Museum für Gegenwart nichts zu spüren. Schrecken die Fettreste von Joseph Beuys? Fehlt das große Spektakel? Vielleicht auf den ersten Blick, aber tatsächlich gehört der Hamburger Bahnhof zu den erfolgreichsten Häusern für zeitgenössische Kunst. Nur kommen die Besucher eben nicht, wie bei Ai Weiwei, alle auf einmal… Allein das Gebäude, ein Bahnhof der ersten Generation, hat Aufmerksamkeit verdient. 1846 fand die Jungfernfahrt der Eisenbahnlinie zwischen Berlin und Hamburg statt. Und das aus einem Schuppen, denn der Bahnhof im spätklassizistischen Stil, ein Entwurf von Friedrich Neuhaus und Ferdinand Wilhelm Holz, wurde erst 1847 fertig. Doch schon im Jahr 1884 war’s schon wieder vorbei mit der Personenbeförderung, der Verkehr verlagerte sich auf den benachbarten Lehrter Bahnhof. Erhalten geblieben ist das ehemalige Empfangsgebäude des alten Kopfbahnhofs. Derzeit ist im Hamburger Bahnhof die Ausstellung „Everyday Life“ mit drei raumgreifenden Installationen von Paola Pivi, Bojan…

Keep Reading

Wohnen am Flughafen?

von
TempelhofAnflug

GREETINGS AUS TEMPELHOF Ganz Europa wählt am Sonntag das Europaparlament. Nur die Berliner wählen noch etwas anderes: In einer von aussen etwas schwer zu verstehenden Volksabstimmung sollen sie sagen, wie sie in Zukunft ihren Ex-Cityflughafen Tempelhof sehen. Ganz leer oder fast leer und am Rand mit Wohnungen und einer Bibliothek bebaut? Das ist vor Ort ziemlich umstritten, weil die einen sagen: ein paar Bauplätze für mehr Wohnungen wären gar nicht schlecht, die anderen fürchten um „100 Prozent Tempelhof“ und die unangetastete Freifläche zum Radeln und Spazierengehen. Von Hamburg aus könnte man sagen: Solche Probleme möchte man haben – und wär’s nicht besser, Berlin baut, ganz ohne Volksabstimmung, erstmal seinen neuen Flughafen BER irgendwie fertig? All das zur Einführung einen kleinen Clips, ein Ausschnitt aus einem TV-Serienkrimi der 70er Jahre. Der hiess „Alexander Zwo“, war etwas langatmig und zeittypisch in den Farben trüb-schmutzig, aber er zeigt plötzlich eine interessante Szene, die für…

Keep Reading

Berliner – Schaut auf diese Stadt!

von
PotsdamSchloss1

GREETINGS VOM SCHLOSS Vorstadt schlägt Hauptstadt: Während Berlin noch nicht weiss, wie es die Fassade seiner Schlossrekonstruktion an der Spree bezahlen soll, hat Potsdam, 35 Kilometer südwestlich, fertig. Und macht schon wieder neue ehrgeizige Umbaupläne. Wer wie ich länger als ein Jahr nicht hier war, der braucht zur Orientierung keinen neuen Stadtplan, sondern eher einen aus dem 19.Jahrhundert. Denn nach und neben dem Stadtschloss, ein 100%iger Neubau von Peter Kulka, soll in der preussischen Residenzstadt nun das gesamte Ensemble rund um den Alten Markt neu (also: alt) gefasst werden. Am Havelufer entstehen dafür Büros hinter italisierenden Fassaden nach dem Vorbild des 1945 zerbombten „Palast Barberini“; um den Blick auf Schinkels Dom wieder freizuräumen, soll die Fachhochschule, heute ein ziemlich heruntergekommener, aber nicht uninteressanter DDR-Bau, abgetragen werden und wenn das Geld reicht, will die Stadt auch noch das benachbarte 17-stöckige Mercure-Hotel kaufen und abreissen. Doch auch hier zeigt sich, wie relativ jede Rekonstruktion…

Keep Reading

Die tote Stadt

von
BerlinGefängnis

GREETINGS VOM ALTEN SPEER Zum Auflockern mal wieder ein kleines Quiz. Wertige Materialien, lichtdurchströmt, absolut private Sphäre – das neueste Wohnquartierprojekt in Berlin? Fast richtig: Das Bild oben zeigt den Hof der Justizvollzugsanstalt Zehlendorf-Düppel. Da lacht der Stammtisch, oder? So ist die moderne Architektur eben, bei der heute eine Schule wie ein Krankhaus aussehen kann, ein Rathaus wie eine Bibliothek und ein Krematorium wie ein Museum. Wieder reingefallen, denn das will ich hier gar nicht beklagen. Ich meine etwas anderes, und zwar das hier: Das wird, wenn es nächstes Jahr fertig wird, das „John-F-Kennedy-Haus“ am Berliner Hauptbahnhof, nah beim Kanzleramt; ein Bürohaus in Bestlage für Verbände und Lobbyisten, die dann aus ihren schmalen, aber wertigen Fenstern genau sehen können, wann die Kanzlerin im Büro ist und wann nicht. Gleich wieder abreissen, wie der hochgeschätzte Architekturkritiker Till Brigleb gerade in seinem Blog für ein ähnliches Haus in Berlin-Hauptbahnhof-Nähe fordert? Ich fürchte, damit…

Keep Reading

Die vergessenen Jahre

von
JuhnkeChinaentenPlakat

GREETINGS VOM KALTEN KRIEG Melde mich nochmal vom Berliner Breitscheidplatz (den eigentlich keiner so nennt) zwischen Gedächtniskirche und Europacenter: hier war seit den 60ern das Zentralschaufenster Westberlins. Kein Tourist der hier nicht vorbeikam, hier fuhren die Linienbusse zum Tempelhofer Flughafen und hier stand lange, auch noch als die Mauer schon wieder  offen war und alle nach Mitte wollten, ein sehr skurriler Werbeschaukasten. Ein ziemlich fertig aussehender Harald Juhnke versucht, mit Stäbchen irgendwie eine Ente zu essen und so Gäste in ein Chinarestaurant im Bikini-Haus hereinzuwerben. Das gehörte dem Vater seiner halbchinesichen Frau, die er dort kennengelernt hatte. Alles vorbei, echter oder halbechter Glanz von gestern – ähnlich wie das gegenüberliegender Europacenter, mit Billigläden und Kartoffelrestaurants heute der provinziellste Ort der Welt. Warum ich jetzt davon erzähle? Weil in allem Ganz-Berlin-Wird-Metropole Hype sich jetzt die alten bürgerlichen Nachkriegs-Westsektoren darauf besinnen, daß sie ja auch mal ein ganz eigenes Lebensgefühl hatten, irgendwo zwischen subventioniertem…

Keep Reading

Go to Top